Boko-Haram-Opfer

«Ich habe den Terroristen vergeben»

Was Rebeca Bitrus in den vergangenen Jahren durchgemacht hat, kann sie selbst nur schwer in Worte fassen. Die 29-jährige Nigerianerin wurde mit ihren zwei Kindern von der Terrorgruppe Boko Haram verschleppt, vergewaltigt und misshandelt. Dennoch hielt sie an ihrem Glauben fest.
Rebeca Bitrus
Rebeca Bitrus mit ihrer Familie

Als die Terroristen in ihre Stadt Baga einfielen, war Rebeca und ihrem Mann klar, dass sie fliehen mussten, gemeinsam mit den zwei Kindern Zacarias (3) und Jonatan (1). Zu Fuss flohen sie, doch Rebeca war mit dem dritten Kind schwanger und konnte nicht schnell genug laufen. So trennten sie sich. «Wir dachten, dass mein Mann das Hauptziel von ihnen war, weil sie christliche Männer töten. Deshalb entschieden wir, dass er fliehen und sich verstecken würde und uns zurückliess.» So konnte ihr Mann entkommen, Rebeca wurde mit den Kindern von Boko Haram gefangengenommen. In einem Lager, gemeinsam mit vielen anderen christlichen Frauen, wurde sie zur Sklavin der Terroristen.

Mit Blick nach Mekka: «Ich liebe dich, Herr Jesus»

Rebeca weigerte sich vehement, ihren Körper den Männern hinzugeben und schmierte sich hierfür jeden Tag mit den Fäkalien ihrer Kinder ein, um die Männer von sich fernzuhalten. Doch das blieb nicht unbezahlt: Man verprügelte sie so schwer, dass man ihr Zähne ausschlug, Rippen brach – und sie ihr ungeborenes Kind verlor. «Jeden Tag erhielt ich 98 Schläge.» Trotzdem sie für die Aufgaben im Haus zuständig war und kochte, erhielt sie an vielen Tagen kein Essen, denn die gefangenen Frauen bekommen nur das, was die Terroristen übriglassen.

Auch der psychische Druck war enorm. Die Frauen wurden gezwungen, ihren Glauben zu leugnen und fünf Mal am Tag den Koran zu zitieren. Jedes Mal, wenn Rebeca gezwungen wurde, hinzuknien und mit dem Blick nach Mekka zu beten, sagte sie im Inneren: «Im Namen Jesus – ich liebe dich, Herr Jesus!».
Sie traf auch mehrere der Chibouk-Mädchen. «Eine von ihnen riet mir, zum Islam zu konvertieren.» Doch das konnte und wollte Rebeca nicht. Und so entrissen die Terroristen ihr den jüngeren Sohn Jonatan und warfen ihn in den Tschadsee, wo er vor den Augen der Mutter ertrank. Den älteren Sohn hatten sie ebenfalls ermordet. Was aus ihrem Mann geworden war, wusste sie nicht. Schliesslich wurde Rebeca vergewaltigt und war erneut schwanger – dieses Mal von einem Boko-Haram-Terroristen. Trotz all dem Grauen, trotz dem unerträglichen Schmerz und der unsagbaren Trauer verleugnete Rebeca ihren Gott nicht; sie hielt am Glauben an Jesus Christus fest.

Die Flucht

Nach über zwei Jahren in dieser Hölle, hatte sie eines Tages die Chance, zu fliehen. Nigerianische Soldaten näherten sich dem Lager. «Ich nutzte die Panik unter den Terroristen aus und rannte», obwohl sie erst gerade ihren Sohn zur Welt gebracht hatte. Einen Tag lang versteckte sie sich mit dem Säugling im Wald. «Die Terroristen suchten mich überall. Ich sah, wie sie mit ihren Autos durch den Wald fuhren, um mich zu finden, aber ich hatte mich gut versteckt.»

Nach mehreren Tagen, in denen sie orientierungslos durch den Wald irrte, kam sie nach Diffa im Südosten von Niger, wo sie auf US-Soldaten traf. Diese halfen ihr und dem Neugeborenen und gaben ihr zu Essen. Dann wurde sie zu nigerianischen Soldaten in Damaturu gebracht. «Sie waren wundervoll: Sie brachten mich direkt in die Stadt Maiduguri, wo ich meinen Mann traf.»

Wieder vereint

Doch wie kann man als Ehepaar wieder zusammenkommen, wenn einer der beiden diese Hölle durchlebt hat? Es war kein einfacher Weg, doch mit Hilfe der Dorfgemeinschaft und vor allem der christlichen Kirche fanden die beiden wieder zueinander – und Bitrus hat den Sohn von Rebeca akzeptiert. Ihre einzige Angst ist: «Was, wenn mein Sohn später so wird wie sein leiblicher Vater?» Heute lebt die Familie gemeinsam mit anderen 25 Familien in einem Lager für Vertriebene.

Auf einer Kampagne zur Unterstützung der Opfer von Boko Haram in Spanien berichtete die junge Frau von ihren Erlebnissen in der Gefangenschaft. Und dann sagte sie das fast Unglaubliche, das zeigt, dass sie ihren Glauben nie aufgegeben hat: «Ich habe den Terroristen vergeben!» Denn so etwas kann man vermutlich nur mit Gottes Hilfe schaffen.

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Datum: 28.09.2017
Autor: Rebekka Schmidt
Quelle: Livenet / Protestante Digital / Theobjective.com

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