Deutsche Bischöfe auf Konfrontationskurs zu Stoiber

Bischof Heinz Josef Algermissen

Fulda - Die deutsche Bischofskonferenz geht auf Konfrontationskurs zu Kanzlerkandidat Edmund Stoiber (CSU). Bischof Heinz Josef Algermissen (Fulda) hat öffentlich erklärt, die Bischofskonferenz habe bei der Führung von CDU und CSU gegen die Berufung der Bundestagsabgeordneten Katherina Reiche (CDU) ins Kompetenzteam Stoibers interveniert. Zuvor hatte der Kölner Kardinal Joachim Meisner die Personalentscheidung als "nicht hinnehmbar" bezeichnet, weil Frau Reiche für Familienpolitik zuständig sein soll, gleichzeitig aber unverheiratet mit einem Mann zusammenlebt, mit dem sie ein Kind hat und ein zweites erwartet. Meisner hatte die Union aufgefordert, das "C" aus dem Parteinamen zu streichen. Sein Sprecher verglich die christdemokratischen Parteien mit "einer Weinflasche, auf der Wein draufsteht und Wasser drin ist".

Nach Angaben von Bischof Algermissen arbeitet die Bischofskonferenz derzeit an einem "Wort zur Wahl", das vor dem 22. September von den Kanzeln verlesen werden und die Haltung der katholischen Kirche zu Ehe und Familie bekräftigen soll. Er sehe in der umstrittenen Berufung der 28jährigen allerdings keine Grundsatzentscheidung der Union, sondern vielmehr "Wahltaktik". Der Berliner Bischof Georg Sterzinsky stellte sich in einem Interview hinter seinen Kölner Kollegen Meisner. Im Streit um eine mögliche Berufung der ledigen Mutter Reiche zur Familienministerin gehe es "um die Konstellation von menschlichen Beziehungen. Diese müssen doch aber bewertet werden." Auch der Generalsekretär der Deutschen Evangelischen Allianz, Hartmut Steeb (Stuttgart), hatte die Personalentscheidung kritisiert, weil sie eine "Verabschiedung vom Normmodell von Ehe und Familie" bedeute.

Unionskreise haben die Kritik an der Berufung von Frau Reiche zurückgewiesen. "Wenn Kardinal Meisner wegen eines Parteimitglieds, das dazu noch evangelisch ist, Schlußfolgerungen für die ganze Union zieht, ist das voreilig und völlig unvorsichtig", sagte CSU-Generalsekretär Thomas Goppel der Tageszeitung "Die Welt" (Berlin). Der Chef der Unionsfraktion im Bundestag, Friedrich Merz, erklärte: "Wenn ich mich ausschließlich danach richte, was der Kardinal von Köln von mir als Christ erwartet, dann liege ich in der Politik bei 25 Prozent." Kanzlerkandidat Stoiber bekräftigte, die von ihm Nominierte habe seine "volle Rückendeckung und die Qualifikation für ein Ministeramt". Die CDU-Vorsitzende Angela Merkel vertritt die Überzeugung, daß Katherina Reiche "sehr wohl die Mehrheit in unserer Partei vertritt". Die Betroffene selbst sagte, Glaube und politisches Programm könnten nicht eins sein. Sie wolle sich aber mit Kardinal Meisner treffen, da der Union an einem "gedeihlichen Miteinander" mit der katholischen Kirche gelegen sei.

Inzwischen mehren sich in der Tagespresse kritische Kommentare gegen Stoibers Personalentscheidung. Der evangelische CSU-Politiker Peter Gauweiler schreibt in der "Bild"-Zeitung über Frau Reiche: "Die Ankündigung, ihre Kinder bereits nach dem ersten Lebensjahr zu einer 'Tagesmutter' zu geben und auf Mutterschutz gänzlich zu verzichten, war nicht zu Ende gedacht. Auch die Familie von morgen wird so nicht aussehen."

Datum: 17.07.2002
Quelle: idea Deutschland

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