„Kein Land besitzt Lizenz zum Massenmord!“

Indisches Militär

Berlin. In Briefen an den indischen Premierminister Atal Bihari Vajpayee und den pakistanischen Präsidenten Pervez Musharraf erneuern Ronald McCoy, Präsident des Weltverbandes der Ärzte gegen Atomkrieg (IPPNW), L.S. Chawla, Präsident der Indian Doctors for Peace and Development und Tipu Sultan, Präsident der Pakistani Doctors for Peace and Development, ihre eindringlichen Warnungen vor einem Einsatz von Atomwaffen im Konflikt um Kaschmir.

Sie warnen, dass selbst der Einsatz einer relativ kleinen Atomwaffe mit 15 Kilotonnen Sprengkraft den sofortigen Tod von 160.000 bis zu 866.000 Menschen verursachen würde.

Eine neue Studie des indischen Wissenschaftlers M.V. Ramana berechnet die Opferzahlen des Abwurfs von zehn 15-Kilotonnen-Atombomben auf Städte in beiden Ländern. Demnach würden in Indien ca. 2,6 Millionen und in Pakistan ca. 1,8 Millionen Menschen sterben. Weitere 1,5 Millionen würden schwer verletzt. Spätfolgen durch die Zerstörung der Infrastruktur, des Gesundheitssystems und durch das vermehrte Aufkommen von Krebs wurden dabei nicht berücksichtigt.

Mit Sorge reagieren die Vertreter der IPPNW auf Aussagen des pakistanischen Botschafters Munir Akram bei den Vereinten Nationen, dass sein Land den Einsatz seiner Atomwaffen bei einem Angriff Indiens nicht ausschliesse. Der Botschafter hatte erklärt, dass ein Nicht-Erwägen des Ersteinsatz dieser Waffen selbst gegen einen konventionellen indischen Angriff Indien die „Lizenz zum Töten“ gewähren würde.

Von beiden Führern verlangen die Ärzte unverzüglich auf ihre Atomwaffen zu verzichten. Der Konflikt um Kaschmir könne nur durch eine gewaltlose und verhandelte Lösung beendet werden.

Indien plant Krieg binnen 14 Tagen

London. Das indische Militär will Pakistan nach Informationen des „Daily Telegraph“ (London) binnen 14 Tagen angreifen. Es warte nur noch auf die „endgültige Genehmigung“ der Regierung, berichtete die britische Zeitung unter Berufung auf ranghohe Quellen beim indischen Militär. Die Armee wolle unbedingt noch Mitte dieses Monats losschlagen, bevor im Juli heftige Monsunregen einsetzten.

Die Führung der Streitkräfte sei sich sicher, dass ein Atomkrieg verhindert werden könne, hiess es in dem britischen Zeitungsbericht weiter. „Unsere Absicht ist es nicht, einen totalen Krieg zu führen“, wurde ein „hoher indischer Funktionär“ zitiert. „Es wäre eine begrenzte Aktion.“

Ein Offizier wurde mit den Worten zitiert, die Gefahr eines Atomkrieges sei denkbar gering: „Wir werden Pakistans Atom-Bluff enthüllen“, sagte er. Die Drohung mit der Atombombe könne sie nicht abschrecken. Die Militäraktion sei auf nur eine Woche angelegt, da die Armee damit rechne, dass der Druck der USA und anderer Grossmächte dann einen Waffenstillstand erzwingen werde, berichtete der „Daily Telegraph“. Ähnlich wie die USA in Afghanistan wollten die Inder die Lager militanter Islamisten im pakistanischen Teil von Kaschmir zunächst aus der Luft bombardieren und dann Spezialtruppen mit Hubschraubern absetzen. (

Indische Kirchen rufen zum Frieden auf

Die indischen Kirchen haben vor einem Krieg mit Pakistan über die von beiden Ländern beanspruchte moslemische Region Kaschmir gewarnt. Der ökumenische Nationale Kirchenrat, die Evangelische Allianz und die katholische Bischofskonferenz riefen zu einer friedlichen Konfliktlösung auf. Der Kirchenrat warnte vor der Gefahr eines Nuklearkrieges, in dem beide Länder die Verlierer wären. Wirklicher Patriotismus zeige sich nicht in “Kriegsrhetorik”, sondern in der Förderung von Frieden und Sicherheit für die Bürger. Der Generalsekretär der Bischofskonferenz, Percival Fernandez, sagte, beide Länder, in denen Millionen Menschen in bitterer Armut lebten, könnten sich einen Krieg am allerwenigsten “leisten”.

Der über 50 Jahre währende Streit um Kaschmir war neu aufgeflammt und eskaliert, nachdem islamische Extremisten in den indischen Landesteil eingedrungen waren und Anschläge verübt hatten. Die Kriegsgefahr zwischen den beiden Atommächten war nach gegenseitigen Drohungen und pakistanischen Raketentests gewachsen.

Gegenwärtig bemühen sich Russland und China auf der Asien-Gipfelkonferenz im kasachischen Almaty um Vermittlung. In Pakistan und Indien bilden Christen kleine Minderheiten von jeweils rund zwei Prozent der 140 Millionen Pakistani und einer Milliarde Inder. Der Generalsekretär der Indischen Evangelischen Allianz, Richard Howell (Neu Delhi), verurteilte den “grenzüberschreitenden Terrorismus” und kritisierte die “kriegstreiberische” Haltung des pakistanischen Machthabers Pervez Musharraf. Es sei legitim, wenn Indien alles tue, um den “importierten Terrorismus” auszumerzen. Die Dachorganisation der Evangelikalen hob hervor, dass Indien und Pakistan als Atommächte besondere Verantwortung für den Frieden trügen. Es gelte, Geduld und Vergebung als “Tugenden der Mächtigen” zu praktizieren.

Quelle: IPPNW-Studie „Bombing Bombay“

Datum: 08.06.2002

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