Weihnachtskirche oder Mc-Donald’s?

Moskau. Dem Wiederaufbau einer von den Bolschewisten zerstörten orthodoxen Kirche in der ukrainischen Hauptstadt Kiew steht ein Hamburger-Lokal der Fastfood-Kette McDonald’s im Weg. Alte Kommunisten haben das Kirchengelände an die im Osten vordringenden Neokapitalisten verscherbelt.

In Kiew ist um die Wiederherstellung der historischen Weihnachtskirche ein Machtkampf zwischen der Stadtverwaltung und dem globalen Konzern McDonald’s ausgebrochen: Dieser hatte vor drei Jahren am Standort des ehemaligen Gotteshauses ein zweistöckiges Restaurant errichtet - ohne Baugenehmigung.

Die Weihnachtskirche von Kiew war in ihrer ursprünglichen Gestalt über 300 Jahre alt und erfreute sich bei der gläubigen Bevölkerung grosser Verehrung. Für viele Ukrainer wurde sie auch zum nationalen Heiligtum, seit dort 1861 der Abdankungsgottesdienst für ihren grössten Dichter Taras Schewtschenko stattgefunden hatte.

Das war für Stalin ein doppelter Grund, sie 1934 bei seiner grossangelegten Kirchen-Vernichtungsaktion dem Erdboden gleichzumachen: Wie viele andere berühmte Kirchen mit dem Moskauer Erlöser-Dom an der Spitze wurde auch die Kiewer Weihnachtskirche gesprengt.

Auf ihrem Terrain entstand ein Spielplatz für die kommunistische Parteijugend.

Nach der Wende verkauften findige Funktionäre das Bauland im Herzen von Kiew an die nun auch in den Osten präsente Fast-Food-Kette McDonald’s.

Als sich der neue Stadtplaner Ruslan Kucharenko letztes Jahr an die Wiederherstellung von den Sowjets zerstörter religiöser Denkmäler machte, fand er den Platz der Weihnachtskirche mit dem «Hamburger-Tempel» belegt. Als McDonald’s keine Baugenehmigung vorweisen konnte, liess der Architekt das Restaurant zusperren und begann gleich daneben mit den Arbeiten zum Wiederaufbau der Kirche.

Dagegen hat der internationale Konzern nun sein ganzes Gewicht in die Waagschale geworfen. Nach seinen Vorstellungen soll ein «Kirchen-Restaurant» gebaut werden, das neben den kulinarischen auch religiösen Bedürfnissen gerecht wird. Kommentar der Zeitung «Kiew Post»: «Materialistisches Gewinnstreben schadet heute genauso der Religion wie früher der Sowjet-Materialismus».

Datum: 31.05.2002
Quelle: RNA

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