Verena Birchler

Viele Christen stellen sich unter zu hohen Leistungsdruck

Ein Burnout hat die Kommunikationsfrau Verena Birchler zum Umdenken gezwungen. Ihr Denkprozess hat zu neuen Einsichten geführt. Auch über das Zentrum des christlichen Glaubens.
Verena Birchler

Der Glaube stellte Verena Birchler bei ihrer Burnout-Erfahrung vor neue Fragen. Und er hat gerade in der Krisenzeit auch zu neuen Erkenntnissen geführt. Sie musste feststellen, dass sich Glaube auch negativ auswirken kann, wenn er gesetzliche Züge annimmt und Leistungsdruck generiert.

Gerade Themen wie Nachfolge und Jüngerschaft seien meistens mit Leistungsforderungen gekoppelt, resumiert sie im Interview mit dem idea Spektrum. Sie stellte sich die Frage: «Wieso werden wir Christen als Moralapostel, als freudlos und langweilig empfunden?» Und kam zur Antwort: «Weil wir uns zu wenig auseinandersetzen mit der grenzenlosen Liebe Gottes.» Und diese wurzle im radikalen «Ja» Gottes zu uns. «Egal, ob unser Leben sich ausbalanciert gestaltet oder völlig auf der Kippe ist: Mit Gott unterwegs zu sein ist grenzenlos bereichernd. Denn irgendwie will er uns ja immer näher zu sich, näher zu seinem Herzen bringen», betont die Medienfachfrau.

Mehr von der Auferstehung reden

Christen neigen nach ihrer Beobachtung dazu, viel vom Kreuz Christi zu reden, aber ohne die Auferstehung zu erzählen. Viele blieben bei Busse, Reue und Vergebung stehen. Jesus aber sei auferstanden: «Um mit uns unterwegs zu sein. Um uns zu begleiten – in guten wie in schlechten Tagen.» Und wenn Christen von Busse und Umkehr reden, so bleibe oft nicht ganz klar, wohin sie sich umkehren sollten. «In die Arme der Leistungsgesellschaft Kirche? In die Arme von durchstrukturierten Kirchenprogrammen?», so Birchler provokativ.

Sie hat die Erfahrung gemacht: «Genau die Werte, die uns in unserem Leben helfen könnten, sind oft auch Ursache für überhöhte Erwartungen aneinander. Wenn ich in christliche Teams schaue, funktionieren die nicht viel anders als Teams, denen ich in normalen Firmen begegne.» Mit der Ausnahme, dass Konflikte oft auf eine geistliche Ebene verlagert würden. Besser wäre eine gute Fehlerkultur: «Wir alle machen Fehler und kennen Tage, in denen wir uns selber näher stehen als Jesus. Die hohen Erwartungen und der meist sehr hohe Arbeitsdruck führen zu Enttäuschungen.»

Vergebung und Entschlackung

Sie schlägt als Gegenrezept vor: «Vergebung und Entschlackung». Für Kirchliche Teams könne das bedeuten, einmal genau hinzuschauen, was wirklich wesentlich sei und sich nicht nur als Eventanbieter unter vielen profilieren zu wollen. Gerade Freikirchen sollten sich mal die Frage stellen: «Wie verhelfen wir unseren Mitgliedern zu Zeiten, in denen sie Gott in Ruhe und Stille erleben können?»

Das vollständige Interview mit Verena Birchler ist im idea Spektrum vom 5. Juni 2013 erschienen.

Das Buch zum Thema: In ihrem neuesten Buch «Lebensbalance - dir selbst zuliebe» (224 Seiten, Brunnen Verlag), motiviert Verena Birchler mit Tiefsinn und Witz für eine ausgewogene Lebensweise: «Die einen rasen durchs Leben, als wär jeder Tag der letzte. Die andern leben vorsichtig und langweilig und sterben fast wie neu.» Das Buch leitet an, zwischen Stress und Entschleunigung, Valium und Adrenalin, den Weg zu finden.

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Datum: 10.06.2013
Autor: Fritz Imhof
Quelle: ideaSpektrum Schweiz

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