Klimakonferenz der SEA

«Als gäbe es mehrere Planeten»

Am Wochenende tagte zum dritten Mal die Klimakonferenz der Schweizerischen Evangelischen Allianz. «EnerGier» lautete der Titel. Es wurde debattiert, wie nachhaltiger gelebt werden kann.
Symbolisch: René Christen sagt, wir werfen die Erde weg wie ein Hemd, von dem wir mehrere haben (Fotos: Daniel Gerber).
Franziska Teuscher erklärt, sie habe auch Sünden im Sündenregister. Die letzte Flugreise habe sie aber im 2005 gemacht.
«Gegen die Streetparade, mit 500'000 Besuchern aus der ganzen Welt, wird kaum protestiert», sagt Christian Waber.
Erwin Oberhänsli (Öku-Druckerei-Pionier) ärgerte sich über das Podium: «Da kommt nichts neues. Wir waren einst führend in der Solartechnik und gewannen regelmässig die Tour durch Australien. In Alternativtechnik haben wir den Anschluss verloren. Darüber sollten wir reden!»

«Wir leben, als gäbe es mehrere Planeten», eröffnete AKU-Chef Werner Hässig die Tagung der «Arbeitsgemeinschaft Klima, Energie, Umwelt» (AKU). Der Anlass wurde in Langenthal durchgeführt. Stadtpräsident Thomas Rufener (SVP) begrüsste die rund 70 Besucher nicht nur, er leitete auch einen Workshop. «Seine» Stadt trägt das Label «Energiestadt», er selbst fahre mit dem Rad zur Arbeit.

Ein Umdenken sei erforderlich, schilderte Christian Küng, der das Bundesamt für Raumentwicklung interimistisch leitet. Immer mehr Menschen leben in der Schweiz, die eine zunehmende Wohnfläche pro Kopf beanspruchen. Zudem seien Wohn- und Arbeitsgemeinde immer häufiger nicht identisch. 1960 lebten 77 Prozent der Einwohner dort, wo sie auch arbeiteten, im Jahr 2000 waren es noch 42 Prozent.

Der Planet weint

Die Erde sei wie eine CD, die man ausgeliehen hat. Man achtet darauf, dass man sie nicht zerkratzt, schilderte René Christen, Pastor der «Kirche im Prisma» (Rapperswil). Auch sei die Erde von einem Schöpfer gemacht, dem man verantwortlich sei. «Bereits die ersten Menschen wurden dazu aufgerufen, den Garten Eden zu bebauen und beschützen.» Christen zeigte Bilder einer indischen Flutkatastrophe. «Hier weint der Planet!» Das Sorgen um die Umwelt sei wichtig und biblisch begründet, ohne dass man dabei in eine neue Gesetzlichkeit fallen solle, unterstrich Christen.

«Geistliche Umweltverschmutzung»

«Es ist nicht so, dass ich keine Sünden im Sündenregister habe», sagte Nationalrätin Franziska Teuscher (Grüne) im von Verena Birchler moderierten Podium, an dem auch Christian Waber (EDU), Heiner Studer (EVP) und Christian Wasserfallen (FDP) teilnahmen. Teuscher: «Auch ist nicht alles mit Ablasshandel auszugleichen. Ich mache nicht jedes Jahr eine Flugreise. Meine letzte war im Jahr 2005.» Die Natur habe mit dem Klimawandel keine Mühe, aber wir Menschen, schilderte Teuscher.

Heiner Studer sagte, dass er erst mit 45 den Führerschein gemacht habe und europäische Termine wenn möglich mit dem Zug wahrnehme. Wichtig sei, dass erneuerbare Energie gefördert werde. Wasserfallen betonte die Freiwilligkeit.

Christian Waber (lebt im selbst erbauten Minergiehaus, spült mit Regenwasser) kämpfte zusammen mit Teuscher gegen den Einkaufstempel «Westside». Dieser sei nun verantwortlich für Mehrverkehr und rentiere unter dem Strich dennoch nicht. Waber: «Aber ich muss auch die geistliche Umweltverschmutzung ansprechen. So wird etwa gegen eine Flugshow mit 50'000 Besuchern protestiert. Aber gegen eine Streetparade, zu der 500'000 Besucher aus aller Welt anreisen, wird nichts unternommen.»

2000-Watt-Gesellschaft automatisch

In fünf Workshops wurden verschiedene Themen vertieft. Einer drehte sich um die Energieversorgung der Zukunft. In diesem sagte Eric Nussbaumer (Nationalrat SP): «Wir müssen das Erdöl verlassen, bevor es uns verlässt.» Und Energiepionier Josef Jenni schilderte: «Wenn wir so weiterfahren wie bisher, haben wir im Jahr 2030 einen Kollaps.» Dies wegen steigenden Preisen, da immer weniger Erdöl vorhanden ist. Seit 1980 wurden keine entscheidenden Funde mehr gemacht. Trotzdem wurde immer mehr Öl verbraucht, als neues gefunden wurde. Auch Uran, Kohle und so weiter seien endlich, genauso wie Rohstoffe - deshalb sei es nicht möglich, alles mit Solarenergie und Batterien zu betreiben. Jenni: «Die angestrebte 2000-Watt-Gesellschaft erreichen wir automatisch. Freiwillig oder nicht freiwillig.»

Datum: 16.06.2009
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet.ch

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