Israel und die Unesco

Schlagabtausch um Heilige Stätten

Die Zusammenarbeit Israels mit der Unesco werde bis auf Weiteres ausgesetzt: Die Ankündigung von Vize-Aussenminister Daniel Ayalon im Streit um Heilige Stätten im Westjordanland dürfte ein neuerlicher Tiefpunkt in der mehr als 60-jährigen Beziehung Israels und der Weltkulturorganisation sein.
Die Patriarchengräber in Hebron. (Foto: Wikipedia, Djampa)
Tempelberg in Jerusalem. (Foto: Wikipedia, Berthold Werner)

Patriarchengräber, Tempelberg oder «Davids-Stadt»: Biblische Stätten sorgen nicht nur für Spannungen zwischen Israelis und Palästinensern. Auch mit der Unesco, der Israel seit 1949 angehört, kommt es regelmässig zu Konflikten. Wiederholt hat die Uno-Organisation die Konfliktparteien aufgefordert, die Monumente «der Wiege der Zivilisation» zu respektieren.

Aktuelle Zankäpfel

Das sogenannte Rahels-Grab bei Bethlehem und die Patriarchengräber in Hebron heissen die jüngsten Zankäpfel - zwei biblische Grabstätten auf israelisch kontrollierten Enklaven inmitten von Palästinensergebiet. Zu Jahresbeginn sorgte für Empörung, dass Israel die von Juden wie Muslimen gleichermassen verehrten Stätten zum «nationalen Erbe» erklärte.

Doppelte Bezeichnung irritiert

Die Unesco reagierte besorgt; sie befürchtete steigende Spannungen in der Region. Ende Oktober bezeichnete sie beide Stätten als integralen Bestandteil der besetzten Palästinensergebiete - und kritisierte jede einseitige israelische Aktivität als Verletzung internationalen Rechts.

Zum Ärger Israels, das sich besonders an der doppelten Bezeichnung «Moschee Bilal Bin Rabah/Grab von Rachel in Bethlehem» stiess. Der Versuch, Israel von seinem Erbe zu trennen, sei absurd, konterte Ministerpräsident Benjamin Netanjahu. Minister Ayalon ging noch einen Schritt weiter und erklärte die Zusammenarbeit mit der Unesco für beendet, bis diese ihre Erklärung offiziell zurücknehme. Die Relativierung folgte unmittelbar: Die Suspendierung berühre nur die von der Erklärung betroffenen Gebiete, stellte das Aussenministerium klar.

Besatzungsmacht?

Die Spannungen reichen weiter zurück. Wiederholt hat die Unesco zum Ärger Israels in Resolutionen ihre Ansicht bekräftigt, dass das «seit 1967 besetzte palästinensische Gebiet einschliesslich Ost-Jerusalems nach wie vor den Status eines militärisch besetzten Gebietes» habe und «die Besatzungsmacht Israel lediglich die Rechte und Pflichten einer Besatzungsmacht».

1974 verweigerte eine Mehrheit der Stimmberechtigten Israel die - später dann doch erfolgte - Aufnahme in die Unesco-Regionalgruppe Europa. Anfang der 90er Jahre drohte die Organisation, die Jerusalemer Grabeskirche aus der Liste des Weltkulturerbes zu streichen, da der Zwist zwischen den Konfessionen die dringend nötige Renovierung unmöglich mache. Auch der Widerstand Israels gegen die Unesco-Konvention zum Schutz der kulturellen Vielfalt blieb erfolglos: Bis zuletzt hatte Israel gemeinsam mit den USA auf eine völlige Liberalisierung des Marktes für Kulturgüter gedrängt.

Dauerbrenner Tempelberg

Ein Dauerbrenner in der schwierigen Beziehung bleibt der Jerusalemer Tempelberg. Mehrfach sorgte das Heiligtum für Unesco-Interventionen.
2007 forderte die Organisation ein sofortiges Ende der Grabungen, die Israel im Zusammenhang mit der Wiedererrichtung der 2004 bei einem Sturm stark beschädigten Erdrampe vor dem Mugrabi-Tor durchführte. Israel müsse sich vor weiteren Arbeiten mit allen betroffenen Seiten beraten, auch mit der muslimischen Wakf-Behörde und Jordanien, so die Forderung. Die weiteren Arbeiten sollten sich darauf beschränken, die Zugangsrampe zu restaurieren, ohne Struktur und Form zu verändern.

Potenzial für den Tourismus

Israel ist sich des Wertes internationaler Auszeichnungen für die Tourismus-Wirtschaft durchaus bewusst. Mit mehreren Stätten «von herausragendem universellen Wert» ist das Land seit 2001 auf der Unesco-Weltkulturerbeliste vertreten: der Altstadt von Akko, der archäologischen Stätte Masada, der «Weissen Stadt» von Tel Aviv, verschiedenen biblischen Siedlungen und Wüstenstädten, der Weihrauchstrasse und - seit 2008 - den Heiligen Stätten der Baha´i.

Auf fünf Millionen Besucher jährlich will Tourismusminister Stas Misezhnikov bis 2015 die Touristenzahlen steigern. Ein Eklat mit der Unesco dürfte da angesichts des ohnehin angeschlagenen Images des Landes im Westen ungelegen kommen.
 

Datum: 13.11.2010
Quelle: Kipa

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