Robert-Bosch-Stiftung

Das Prinzip Familie stärken – aber wie?

Ohne leistungsstarke Familien und persönliche Netzwerke können die Deutschen ihre derzeitige Lebensqualität nicht halten. Der zweite Bericht, den die Kommission «Familie und demographischer Wandel» der Robert Bosch Stiftung erstellt hat, will alarmieren.
Ohne private Unterstützung droht vielen Armut: Bettler in Westdeutschland.
Hans Bertram, Elisabeth Niejahr und Kurt Biedenkopf

Die Gruppe unter Leitung des früheren sächsischen Ministerpräsidenten Kurt Biedenkopf (CDU) plädierte bei der Vorstellung des Berichts am 17. Juli in Berlin für eine «kommunale Familienpolitik». Sie könne auf die unterschiedlichen Verhältnisse innerhalb Deutschlands am besten reagieren. Der Staat müsse sich stärker als bisher darauf konzentrieren, gute Rahmenbedingungen zur Selbsthilfe, für Hilfe auf Gegenseitigkeit und das Ehrenamt zu schaffen.

Eigeninitiative stärken, nicht schwächen

Die Mitglieder der Kommission, neben Biedenkopf der Familiensoziologe Hans Bertram und die Journalistin Elisabeth Niejahr, betonten aber zugleich, ihre Studie sei kein Angriff auf den Sozialstaat. Er dürfe allerdings nicht Funktionen übernehmen, die der Familie und den «kleinen Lebenskreisen» zukommen. Andernfalls werde die Kraft zur Eigeninitiative geschwächt und der Sozialstaat über seine Leistungsfähigkeit hinaus belastet.

Wenn der Staat weniger tut...

Niejahr sagte, die Alterung der Gesellschaft und Sparzwänge bei den öffentlichen Haushalten infolge der Wirtschaftkrise führten fast zwangsläufig dazu, dass die Menschen nach Formen des Zusammenlebens suchen, die auf gegenseitiger Unterstützung und Verbindlichkeit basieren. Zahlreiche solcher Modelle, die bereits existieren, wurden für den Bericht von der Prognos AG zusammengestellt. Die Aufgabe des Staates bestehe darin, diese Lebensformen zu unterstützen.

Welche Familienformen?

Die Kommission fordert unter anderem, die eingetragene Lebenspartnerschaft (bisher für homosexuelle Paare) zu erweitern und beispielsweise auch für alte Menschen, die sich gegenseitig pflegen wollen, oder kleine Gruppen, die zusammenleben, zuzulassen. Der Familiensoziologe Bertram sagte, es gehe darum «das Prinzip Familie» zu stärken, nicht um die Förderung der traditionellen Form von Familien. Familienpolitik müsse sich stärker am Kindeswohl und dem Wohl der Älteren orientieren. Dies sei eine Querschnittsaufgabe.

Viel weniger Kinder: dramatischer Umbruch

Biedenkopf betonte, dass die Politik handeln müsse. Jede künftige Regierung, unabhängig von der Parteienzusammensetzung, müsse umdenken. Die Probleme der alternden Gesellschaft würden sich erstmals deutlich zeigen, wenn die geburtenstarken Jahrgänge in Rente gingen. Diese Generation könne erstmals nicht mehr vollständig auf die Unterstützung ihrer Kinder und Enkel setzen, da sie ein Drittel weniger Kinder und nur fast halb so viele Enkel habe wie noch die vorangegangene Generation, sagte der CDU-Politiker.

Anders als der erste Bericht der Kommission wurde der zweite nicht von Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) entgegengenommen. Medienberichten zufolge hatte von der Leyen eine öffentliche Entgegennahme des Berichts abgelehnt. Daraufhin war spekuliert worden, dass der Union die Empfehlungen der Kommission zur Unterstützung neuer Lebensformen zu weit gehen.

Webseite der Robert Bosch Stiftung mit dem Kommissionsbericht

Datum: 23.07.2009
Quelle: Epd

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