Vaterrolle

Studie belegt Wandel der Vaterrolle in Deutschland

Auch Väter erfahren zunehmend die Doppelbelastung Beruf und Familie. Sie möchten mehr Zeit mit ihren Kindern verbringen, sind aber auch beruflich sehr gefordert und suchen deshalb neue Spielräume für das Zusammensein mit den Kindern. Dies bestätigt eine Studie, die von den neuen „sozialen Vätern“ spricht.
Vaterrolle in Deutschland
Dr. Wassilios E. Fthenakis

Laut der neuen Studie, die der Münchner Väterforscher Wassilios Fthenakis im Auftrag des deutschen Bundesfamilienministeriums verfasst hat, definieren sich 66 Prozent der Männer, egal ob sie schon Vater sind oder es noch werden wollen, in erster Linie als „Erzieher des Kindes“. Nur 34 Prozent verstehen sich primär als „Ernährer der Familie“.

Hohe Ansprüche an sich selbst

„Männer hängen die eigene Messlatte in der Erziehung ihrer Kinder viel höher als früher“, beobachtet der Iserlohner Sozialarbeiter Jürgen Haas in seinen Vater-Kind-Seminaren. „Gleichzeitig sind die beruflichen Anforderungen härter geworden, so dass weniger Zeit für die Beschäftigung mit den eigenen Kindern bleibt.“ Viele Väter hätten Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes, wenn sie sich im Unternehmen weniger engagierten, erzählt Haas. In Seminaren berichteten immer mehr Männer, dass sie sich beruflich hoch belastet fühlten und dem eigenen Anspruch, sich mehr um die Kinder zu kümmern, nicht gerecht werden könnten.

Leiden unter der Doppelbelastung

„Viele Männer leiden ebenso wie Frauen unter der Doppelbelastung von Beruf und Familie“, sagt Fthenakis. „Entgegen dem Bild, das oft in den Medien präsentiert wird, steht für die meisten Väter die Karriere nicht im Vordergrund.“ Der frühere Leiter des Münchner Staatsinstituts für Frühpädagogik bezeichnet diese Männer als „soziale Väter“, die sich bewusst vom autoritären Erziehungsstil früherer Generationen abgrenzen wollen. Sie füttern, wickeln und trösten ihre Kinder, spielen mit ihnen und interessieren sich für ihre Entwicklung in Kita und Schule. Für ihr Engagement verzichten die Väter auf Hobbys und Schlaf.

Trotz der „Doppelbelastung“ von Familie und Beruf gehen aber nur 2,7 Prozent der deutschen Männer in Elternzeit, und in nur 2,3 Prozent der deutschen Familien arbeiten die Männer Teilzeit. Den Durchschnittsvater von heute bezeichnet die Berliner Studie daher als „familienorientierten Brotverdiener“. Die Erwerbsarbeit gehört zu seinem Selbstverständnis – um so mehr, je schlechter die Situation auf dem Arbeitsmarkt wird.

Elternzeit für Väter attraktiver machen

Um auch für Männer Beruf und Familie besser vereinbaren zu können, sieht Fthenakis Politik, Wirtschaft und Bildungsträger in der Pflicht. „Wir brauchen eine vätersensible Politik“, fordert der Psychologe. Seine Vorschläge: die Elternzeit für Männer attraktiver machen, mehr Angebote für Väter in der Familienbildung und ein „Vätertag“ in deutschen Unternehmen. „Männer sollte ein Tag im Jahr freigegeben werden, damit sie in Schulen und Kindergärten mitarbeiten können.“ So liesse sich seiner Ansicht nach der viel beklagte Mangel an männlichen Erziehern kompensieren.

Väter bemuttern weniger

Denn auch das hat die Studie gezeigt: Väter erziehen anders, aber keineswegs schlechter als Mütter. „Sie delegieren mehr an die Kinder und fördern damit die Eigenständigkeit“, betont Fthenakis. „Männern ist oft selbst nicht klar, wie wichtig ihre spürbare Gegenwart für eine gesunde Entwicklung ihrer Kinder ist“, bestätigt der Düsseldorfer Professor für psychosomatische Medizin, Matthias Franz. Ein engagierter und einfühlsamer Vater stelle eine stabile Bindungsalternative zur Mutter dar und sei besonders als männliche Identifikationsfigur gefragt.

Datum: 19.04.2006
Autor: Fritz Imhof
Quelle: SSF

Werbung
Livenet Service
Werbung