Erzeihungsfrage

Soll nur noch der Staat unsere Kinder bilden?

Homeschooling ebenbürtig oder besser?

Mit dem neuen Volksschulgesetz, das am 24. November im Kanton Zürich zur Abstimmung gelangt, setzt die Bildungsdirektion einen klaren Akzent. Der Staat will immer mehr die Erziehung der Kinder übernehmen. Die Eltern haben immer weniger Einfluss auf die Schule. Dies ist beispielsweise an drei Bereichen deutlich zu erkennen: Die heutige Bezirksschulpflege, die bisher hauptsächlich von interessierten Eltern gestellt wird, soll von einer professionalisierten kantonalen Schulaufsicht abgelöst werden.

Privatschulen, natürlich auch christliche, werden „im Interesse einer verbesserten Transparenz und zum Schutze der Eltern“, wie es in der Begründung der Bildungsdirektion heisst, neu zur Offenlegung ihrer Bindung gegenüber ideellen Vereinigungen verpflichtet. Man kann sich etwa vorstellen, was dies für christliche Bekenntnisschulen bedeuten würde, an denen statt der Evolutionstheorie die Schöpfungslehre vertreten und biblischer Unterricht erteilt wird.

Gesinnungskontrolle?

Noch schlimmer trifft es den Privatunterricht, das heisst den Unterricht, der nicht an einer Schule und nur für einzelne Kinder erteilt wird. Wohl die meisten christlichen Eltern, die ihre Kinder aus Überzeugung zu Hause selber unterrichten, müssten bei Annahme des Gesetzes ihr Homeschooling bereits nach dem ersten Schuljahr beenden. Das Volksschulgesetz verlangt nämlich, dass die unterrichtenden Eltern eine Lehrerausbildung vorweisen müssen, wenn sie ihre Kinder selber schulen wollen. Die betroffenen Familien – wie viele es im Kanton Zürich sind, ist schwierig herauszufinden – sprechen von „Gesinnungskontrolle“ durch die Bildungsdirektion. Sie fühlen sich gehindert, als Eltern die vorstaatlichen Pflichten und Rechte wahrnehmen zu dürfen. „Wir sind davon überzeugt, dass Eltern grundsätzlich dazu berufen und fähig sind, ihre eigenen Kinder zu erziehen; sie allein sind auch dafür verantwortliche. Kindererziehung ist Elternpflicht und vorstaatliches Elternrecht“, schreibt der Verein „Bildung zu Hause“ auf seiner Homepage www.homeschool.ch

Aus biblischer Sicht betrachtet, hat der Verein Recht. Erstverantwortliche gegenüber den Kindern sind und bleiben die Eltern. Sie haben für die Erziehung zu sorgen. Dazu gehört auch jene in der Schule, die den Kindern lesen und schreiben, den Umgang mit Zahlen und Wissen über das Leben in dieser Welt vermitteln soll. Delegieren Eltern den Unterricht an die Volksschule und damit an den Staat, entbindet sie dies nicht von ihrer Verantwortung, was dort mit ihnen geschieht. Viel Begleitung des Kindes durch die Eltern ist heute gefordert – wenn auch von der Bildungsdirektion offenbar immer weniger gewünscht –, um in Zusammenarbeit mit den Lehrkräften die gute Entwicklung des Kindes zu fördern. Dazu gehört auch die Auseinandersetzung mit dem in der Volksschule vermittelten Stoff, insbesondere dort, wo religiöse und weltanschauliche Grundhaltungen des Lehrerkörpers von jenen der Eltern abweichen. Dass manche Väter und Mütter die oft entstehenden Spannungen in der Volksschule nicht mehr aushalten und ihre Kinder in eine Privatschule schicken, ist nachvollziehbar. Einzelne nehmen gar die Mühe auf sich, ihre Sprösslinge selbst zu unterrichten, was viele Leute etwas merkwürdig anmutet, bei genauerem Besehen aber durchaus als eine erfolgreiche Alternative zum üblichen Schulwesen zu erkennen ist.

Homeschooling ebenbürtig oder besser

Soll dieser Weg, der seit rund zehn Jahren auch in der Schweiz neu entdeckt wurde, vom Staat unterbunden werden? Mit welchem Recht? Die Qualität der Bildung zu Hause mag sicher von Familie zu Familie etwas unterschiedlich sein. Aber auch in der Volksschule zeigt die Qualität grosse Unterschiede je nach Klasse und Lehrer. Untersuchungen in den USA und andern Ländern, in denen Homeschooling gang und gäbe ist, weisen Resultate auf, die jenen des staatlichen Bildungsweges standhalten und sie oft gar übertreffen.

Sicher, das neue Volksschulgesetz enthält nicht nur Negatives. Einige Verbesserungen gegenüber dem bald 150 Jahre alten Unterrichtsgesetz sind einleuchtend. Aber in die Reformen wurden tendenziell die Elternrechte einschränkende Paragraphen mit eingepackt, die es verantwortungsvollen Eltern, gerade auch engagierten Christinnen und Christen, unmöglich machen, hinter diesem Gesetz zu stehen. Die Vorlage ist meiner Meinung nach abzulehnen.

Fritz Herrli
Chefredaktor idea Schweiz
Medienbeauftragter der Schweizerischen Evangelischen Allianz (SEA)

Datum: 01.11.2002
Autor: Fritz Herrli
Quelle: Livenet.ch

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