Beratung ist gefragt

Familien geraten zunehmend in Krisen

Familien

Stuttgart. Familien geraten zunehmend in Krisen und suchen kompetente Beratung. Um bis zu 30 Prozent sei die Nachfrage im Bereich Jugend und Familie gestiegen, stellt die Landesstelle der Psychologischen Beratungsstellen in der württembergischen evangelischen Landeskirche in ihrer Jahresbilanz fest. Bei jährlich rund 10200 Beratungen sind die Stuttgarter Zentrale und ihre 17 regionalen Aussenstellen überlastet. Die Folge:Wartelisten und Anmeldestopps.

„Dadurch bleibt oft die Chance des richtigen Augenblicks ungenutzt“, so Diplompsychologe Ulrich Schlude-Niessen aus Tübingen. Abhilfe ist bei den gleichzeitig stagnierenden Mitarbeiterzahlen kaum zu erwarten.

Das seelische Leid in den Familien, das diese nach Hilfe suchen lasse, komme von innen und aussen, erklärt der Aalener Diplompädagoge Manfred Vogtmann. Störungen im Bindungsbereich nennt er bei allen Altersgruppen als Schwerpunkt. Verschärft würden die inneren Probleme durch Druck von aussen, verursacht durch die Angst um den Arbeitsplatz.

Erziehungs- und Jugendberatung sowie Umgangs- und Sorgerechtsfragen während und nach Scheidungen stehen laut Jahresbericht im Vordergrund. Probleme bereiteten vielen Menschen das Umgehen mit innerer und äusserer Trennung sowie Generationenkonflikte, Ängste und Sucht. „Unser Ziel ist, dass die Menschen Gewordenes verstehen, Blockaden freilegen und ihre Kraftquellen entdecken“, definiert Schlude-Niessen das Hilfekonzept.

Was den Beratungsstellen die Arbeit schwer mache, sei wenig spektakulär, aber tiefgreifend wirksam. Die Werte-Welt zwischen Privatleben und Arbeitswelt drifte auseinander. Auf die Bedürfnisse von Familien gehe die Gesellschaft nicht ein. Eigentlich Selbstverständliches wie Höflichkeit und Rücksichtnahme sei nicht mehr normal, zählt Schlude-Niessen auf.

Wo der Schrecken durch die Medien weltweit präsent sei, der gelingende Alltag daneben aber unscheinbar versinke, habe man es schwer, menschliche Zuversicht zu wecken, so der Diplompsychologe. Dennoch hätten dies die 123 Fachmitarbeitenden und 29 Honorarkräfte in Landesstelle und regionalen Dependancen im vergangenen Jahr immer wieder versucht.

 

Datum: 01.08.2002
Quelle: Epd

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