Würdevolles Sterben

würdiger Tod

„Sterben in Würde?“ lautet der Titel eines Buches des Theologen Heinz Rüegger, wissenschaftlicher Mitarbeiter am VBG-Institut Dialog Ethik. Rüegger liefert einen Beitrag zur Sterbehilfediskussion. Dieser soll zugleich ein Plädoyer für eine mitmenschliche Pflegepraxis sein.

Im Zentrum der Überlegungen steht der Würdebegriff. Er beschäftigt nicht nur Fachkreise, sondern wird heute in der breiten Bevölkerung diskutiert. Rüegger entfaltet in seiner Darstellung eine differenzierte Auseinandersetzung mit dem Begriff „Würde“. Für ihn gibt es eine wichtige Unterscheidung, die grundlegende Folgen für den Umgang mit Tod und Sterben hat: Entweder versteht man die Menschenwürde als inhärent, das heisst, die Würde ist dem Menschen gegeben, weil er Mensch ist, sie ist in seinem Menschsein begründet. Im Gegensatz dazu steht die kontingente Würde. Sie ist den Menschen nicht gegeben, sondern muss erworben werden und ist etwas Vorübergehendes. Spricht man heute in Politik und Gesellschaft von der Menschenwürde, so meint man meist die kontingente Würde. Angesichts grosser Leidenserfahrung im Sterbeprozess fürchtet man einen Verlust der Menschenwürde und sieht das Ideal eines „würdigen Todes“ in Gefahr. Dadurch öffnet man sich einem gesundheitsökonomischen Kosten-Nutzen-Kalkül. Angesichts der Frage nach einer gerechten Verteilung der Ressourcen im Gesundheitswesen führt diese Entwicklung gesamtgesellschaftlich zum Verlust von Humanität.

Der Tod ist laut Rüegger Schicksal und wird gerade nicht zum würdigen Tod, wenn dieser vollständig unter Kontrolle des sterbenden Individuums ist. Rüegger plädiert vielmehr für eine menschenwürdige Kultur im Umgang mit Sterben und Tod. Das Sterben und der Tod müssen wieder ins tägliche Leben hineingenommen werden und dürfen als Teil des Lebens nicht verdrängt werden. Die Kirchen, Schulen und Medien können einen wichtigen Beitrag zur Integration von Sterben und Tod in das Leben leisten.

Rüegger, Heinz. „Sterben in Würde? Nachdenken über ein differenziertes Würdeverständnis.“ NZN Buchverlag, Theologischer Verlag Zürich, 2003. Paperback, 92 S., Fr. 22.00. ISBN 3-290-17270-8 (TVZ), ISBN 3-85827-145-4.

Autor: Markus Nagel
Quelle: ebausteine

Datum: 09.08.2004

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