Mutterschafts- Versicherung wird weiter bekämpft

Zwei brasilianische Adoptivkinder, die in der Schweiz neue Eltern gefunden haben

Der Ständerat stimmte zwar am Donnerstag als Zweitrat der von Gewerbeverbandsdirektor Pierre Triponez lancierten Variante für einen bezahlten Mutterschaftsurlaub zu. Einen Sturm im Wasserglas entfachte aber, dass die kleine Kammer im Gegensatz zum Nationalrat auch arbeitenden Adoptivmüttern Leistungen vermitteln will.

Insbesondere Radio DRS-1 spielte die Konsequenz dieser Änderung hoch, die zur Folge hat, dass noch ein Differenzbereinigungsverfahren zwischen den beiden Räten nötig wird.

Mit der Mutterschaftsentschädigung im Rahmen des Erwerbsersatzgesetzes (EO) sollen alle erwerbstätigen Mütter während eines Urlaubs von 14 Wochen 80 Prozent ihres Lohnes erhalten. Bei Adoptionen erstreckt sich der Urlaub für die Mutter lediglich auf vier Wochen. Ausserdem darf das Adoptivkind nicht älter als vier Jahre sein. Zusammen mit Verbesserungen vor allem für die Rekruten kommen damit auf die EO-Kasse Mehrausgaben von 545 Millionen Franken im Jahr zu. Für die Adoptivmütter ergeben sich lediglich geschätzte Mehrkosten von 2 – 3 Millionen Franken pro Jahr, da es in der Schweiz lediglich noch zu einigen Hundert Adoptionen pro Jahr kommt, wobei zahlreiche Kinder über vier Jahre alt sind.

Ein Versuch von This Jenny (SVP/GL), die Mutterschaftsentschädigung doch noch zu kippen, scheiterte mit 30 zu 8 Stimmen. Jenny argumentierte, die Mutterschaft sei punktuell und biologisch bestimmt. Damit unterscheide sie sich vom obligatorischen Militärdienst. Mehrheitssprecher hielten ihm entgegen, dass auch die erwerbstätigen Frauen für die EO Abgaben leisten müssten. Damit hätten sie auch Anspruch auf Leistungen!

Im Gegensatz zum Nationalrat sprach sich der Ständerat ausserdem für eine Erwerbsdauer von fünf Monaten als Voraussetzung zum Bezug der Leistungen aus. Der Nationalrat hatte drei Monate gewollt. Die kleine Kammer begründete ihren Entscheid mit der Missbrauchsbekämpfung. Der Nationalrat hatte einen Einbezug der Adoptivmütter abgelehnt. Allerdings hatte ihm ein Vorschlag vorgelegen, der den Adoptionsurlaub wahlweise auch den Vätern zubilligen wollte. Im Ständerat wurde diese Differenz mit der Gleichbehandlung begründet. Eine Adoption sei zwar nicht mit Geburtsstrapazen zu vergleichen. Dennoch müsse eine Mutter mit ihrem Adoptivkind eine emotionale Bindung herstellen können.

Adoptivvater Jean-Claude Cornu (FDP/FR) erinnerte daran, dass Adoptionsvorbereitungen nicht spurlos an den künftigen Eltern vorüber gehen. Vielfach seien Reisen und ein recht grosser Aufwand nötig. Erika Forster-Vannini (FDP/SG) wollte vom Urlaub für Adoptivmütter nichts wissen. Die Vorlage sei ein zerbrechlicher Kompromiss, und man dürfe sie nun keinesfalls überladen. Ihr Streichungsantrag scheiterte aber mit 25 zu 10 Stimmen.

Die SVP-Fraktion kündigte am Donnerstagnachmittag umgehend das Referendum an. Dieses werde man den Delegierten am 28. Juni beantragen, sagte Präsident Ueli Maurer. Dem Ausbau der Sozialleistungen sei ein Riegel zu schieben. Die Mutterschaftsversicherung plündere die EO, das einzige gesunde Sozialwerk. Auch stiegen die Lohnnebenkosten.

Der Auftrag, eine Mutterschaftsversicherung auf die Beine zu stellen, haben Parlament und Bundesrat vom Schweizer Volk bereits 1947 erhalten. Blocher argumentiert jetzt laut Tages-Anzeiger, dieses Argument steche nicht. Damals habe der Gesetzgeber nur die unmittelbaren Kosten der Mutterschaft – Arzt, Hebamme, Spital und ähnliches – versichern wollen. Heute bezahle das die Grundversicherung der Krankenkasse.

Quelle: Livenet/ Tages-Anzeiger

Datum: 16.06.2003
Autor: Fritz Imhof

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