„Nein, nein, hören Sie auf!!“ – Amerikanerinnen reden über ihren Abtreibungs-Horror

Embryo
Abtreibung

Washington – Gegnerinnen der freien Abtreibung in den Vereinigten Staaten machen vor dem Obersten Gericht geltend, dass Schwangere in Abtreibungskliniken nicht angemessen informiert und manchmal unter Druck gesetzt werden, den Eingriff vornehmen zu lassen. Zu den Aktivistinnen, die diesem Anliegen vor dem Gericht Nachdruck verschaffen, gehört auch Norma McCorvey. Sie ist die Frau, deren Begehren auf Abtreibung unter dem Decknamen ‚Roe‘ 1973 durch den Entscheid des Obersten Gerichts zur Freigabe der Abtreibung in den USA führte.

Dreissig Jahre später gehört McCorvey zu den Frauen, die gegen die Folgen der mit ihrem Fall erstrittenen Regelung kämpfen. „Es ist ungerecht und unmoralisch, eine Frau zu zwingen oder so irrezuführen, dass sie abtreiben lässt“, sagte sie am letzten Montag vor Presseleuten. „Ich fühle mich geehrt, dass ich zusammenstehen kann mit diesen Frauen, die durch Abtreibung verwundet wurden. Ihr Leben ist schwer gestört und beschädigt worden dadurch, dass sie nicht alle Fakten zur Abtreibung kannten, dass man sie anlügte, unter Druck setzte oder zu einer eigentlich nicht erwünschten Abtreibung zwang.“

Von den Eltern in die Enge getrieben

McCorvey und 700 weitere Frauen setzen sich dafür ein, dass das Oberste Gericht den Fall von ‚Donna Santa Marie‘ (ebenfalls ein Pseudonym) und weiteren Klägerinnen aufnimmt. ‚Donna Santa Marie‘ war 15-jährig von einem Mann, den sie heiraten wollte, geschwängert worden. Nachdem ihre Eltern in einer ersten Abtreibungsklinik (wo das Mädchen dem Arzt sagte, sie wolle den Eingriff nicht) abgewiesen worden waren, machten sie die Tochter gefügig mit der Drohung, der Vater werde wegen Vergewaltigung verfolgt, wenn sie nicht in die Abtreibung einwillige. Gegen ihren Willen wurde der Eingriff in einer zweiten Klinik durchgeführt.

Der Anwalt der Frauen sagte, ein Gericht im Bundesstaat New Jersey habe eine Klage der jungen Frau mit der Begründung abgewiesen, der Embryo habe wegen ‚Roe gegen Wade‘ (dem Entscheid von 1973) keinen rechtlichen Wert und die Justiz gehe von ihrem Einverständnis zum Eingriff aus.

Welche Gesundheit wird geschützt?

Laut einem Bericht des Internet-Dienstes Crosswalk hat auch Sandra Cano sich hinter ‚Donna Santa Marie‘ gestellt. Der Fall von Canos Schwangerschaft wurde von Juristen in den 70-er Jahren dazu benutzt, das Kriterium der Gesundheit der Schwangeren ganz weit zu fassen, so dass es das emotionale, familiäre und finanzielle Wohlbefinden einschloss. Dieses Verständnis von Gesundheit führte zur Freigabe der Abtreibung bis zum neunten Schwangerschaftsmonat durch die US-Justiz.

Cano teilte in einem Statement mit, dass man damals auch sie unter Druck gesetzt habe, abtreiben zu lassen. „Ich empfinde grosse Sympathie mit Donna Santa Marie, denn wie bei ihr waren es auch bei mir andere, die zur Abtreibung drängten, nicht ich. Ich vermochte damals die Abtreibung zu vermeiden, aber mein Fall ... ist dazu benutzt worden, um viele Frauen zu Abtreibungen zu zwingen, die sie nicht wünschten.“

Risiken nicht dargelegt

Tammy Ruttkofsky aus dem Bundesstaat Michigan gehört auch zu den Klägerinnen. Ihr Baby wurde gegen ihren Willen auf Druck eines Elternteils abgetrieben, als sie 17 war. „Man sagte mir, der Eingriff wäre sehr einfach und würde kaum Schmerz verursachen. Er wäre in wenigen Minuten abgeschlossen und ich müsste mir dann keine weiteren Sorgen machen. Nie sagte man mir, dass mit der Abtreibung irgendwelche physischen, mentalen oder emotionalen Risiken verbunden wären.“

Ruttkovsky kritisierte bei ihrem Auftritt in Washington, dass man ihr nie Bilder von der Entwicklung des Fötus in den ersten Monaten gezeigt habe. „Man sagte mir bloss, mein Baby sei ein Gewebeklumpen.“ Als sie beim Arzt Widerstand gegen den Eingriff angemeldet habe, habe dies nichts geholfen. „Ich war verzweifelt wie ein gefangenes, verschrecktes Tier und hatte keine Ahnung, wie ich mein Baby austragen könnte oder wer mir dabei helfen würde.“

Fehlgeburten, Unfruchtbarkeit, Bonding-Probleme

Rebecca Porter schilderte vor der Presse, wie eine Krankenschwester, als das Absaugen im Gang war, zum Arzt sagte: „Oh, das sind ja Zwillinge“. Hysterisch habe sie auf dem Operationstisch geschrien: „Nein, Nein, hören Sie auf! Hören Sie auf!“ – aber man habe sie festgehalten und auch noch „das andere Baby aus meinem Körper gesaugt“.

Weitere Frauen berichteten nun von mehrfachen Fehlgeburten, Unfruchtbarkeit, Gebärmutter-Komplikationen und anderen gesundheitlichen Problemen, die sie heute als Folgen einer Abtreibung sehen. Andere sagten, das Bonding, der Aufbau einer innigen Beziehung zu ihren nachgeborenen oder adoptierten Kindern habe sich mühsam gestaltet.

‚Tiefer verletzt als durch eine Vergewaltigung‘

Susan Renne Mosley aus Missouri verglich die Verwundung, die Frauen bei einer Abtreibung zugefügt wird, mit der bei einer Vergewaltigung. Aus eigener leidvoller Erfahrung (sie wurde selbst vergewaltigt und brachte darauf einen Sohn zur Welt) sagte sie: „Ich fühlte mich durch die Abtreibung tiefer verletzt als durch die Vergewaltigung“.

Datum: 29.03.2003
Autor: Peter Schmid
Quelle: Livenet.ch

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