Geteilte Meinungen zur Todesstrafe

Todesurteile (gelb) und Hinrichtungen (rot 2001. Quelle: amnesty international

London Die Debatten über die Todesstrafe sind weltweit wieder aufgeflammt. Die Kämpfer für ihre Abschaffung konnten sich in den letzten Monaten über eine Anzahl von Siegen freuen. Die Todesstrafe wurde beispielsweis auf den letzten übrig gebliebenen britischen Territorien abgeschafft. Die Turks- und Caicosinseln in der Karibik hatten die Todesstrafe für Landesverrat und Piraterie beibehalten, aber die britische Regierung löste ein im Jahr 1999 gegebenes Versprechen ein, die Todesstrafe in allen überseeischen Territorien zu beseitigen.

Schon vorher hatte die Türkei die Todesstrafe abgeschafft, als ihr Parlament eine Reihe von Gesetzesreformen genehmigte, die dem Ziel dienten, die Verhandlungen über den Beitritt zur EU zu erleichtern. Die EU hatte die Abschaffung der Todesstrafe zu einer Bedingung für den Beitritt der Türkei gemacht. Die Vertreter einigten sich darauf, die Todesstrafe durch eine lebenslängliche Freiheitsstrafe ohne Bewährung zu ersetzen. Die Todesstrafe bleibt jedoch für Kriegszeiten bestehen.

Die Todesstrafe wurde auch in Montenegro und Serbien im letzten Jahr abgeschafft. Die Entscheidung, die Todesstrafe in den beiden Balkan-Staaten abzuschaffen, wurde getroffen, um den Weg für den Eintritt in den Europarat frei zu machen. Die Abschaffung der Todesstrafe ist eine Bedingung für die Mitgliedschaft im Rat.

Auch in Kasachstan wird darüber debattiert

Fortschritte über die Beseitigung der Todesstrafe scheinen auch im Gebiet Zentralasiens möglich zu sein. “Radio Freies Europa/Radio Liberty” bemerkte am 27. Januar, dass nach Äusserungen des Präsidenten Nursultan Nazarbaev in Kasachstan eine lebhafte Debatte darüber im Gange ist. Der kasachische Präsident hatte geäussert, dass das Land ernsthaft überlegen sollte, ein Moratorium der Todesstrafe zu erlassen, mit einer Aussicht darauf, diese eines Tages ganz abzuschaffen. Im Dezember organisierte das Justizministerium ein öffentliches Forum über diese Frage. Die Debatte, die im Parlament stattfand, wurde vom Kasachischen Fernsehen live ausgestrahlt. Unter den Teilnehmern waren auch Nicht-Regierungsorganisationen und andere Gruppen.

Es gibt keine amtliche umfassende Statistik über die Todesstrafe in Kasachstan. Der Vorsitzende des Kasachischen Obersten Gerichtshofes Kairat Mami, sagte im September 2002, dass im Jahr 2002 bis zu diesem Zeitpunkt 31 Personen hingerichtet worden seien. Die “Interfax-Nachrichtenagentur von Kazachstan” zitierte den Pressedienst des Gerichtes, der angab, dass im Jahr 2002 achtzehn Personen zum Tode verurteilt worden seien.

Im übrigen Zentralasien ist Turkmenistan das einzige Land, das die Todesstrafe ganz abgeschafft hat. In Kirgisien unterschrieb Präsident Askar Akaev einen Erlass, in dem er für ein weiteres Jahr ein Moratorium der Todesstrafe, das erstmals 1998 eingeführt worden war, verlängerte.

In Usbekistan und Tadschikistan bleibt die Todesstrafe in Kraft. Der usbekische Präsident Islam Karimov sagte im September 2001, dass in dem Land jedes Jahr etwa 100 Personen hingerichtet werden. Der Tadschikische Oberste Gerichtshof teilte mit, dass im letzten Jahr 25 Personen in Tadschikistan hingerichtet wurden.

In China werden jedes Jahr 15000 Personen hingerichtet

Am anderen Ende des Spektrums ist China noch immer bei Hinrichtungen führend in der Welt. “Chinas gerichtliche Tötungsmaschine” lautete eine Schlagzeile im “Wall Street Journal”. Ein Dokumentarbericht bestätigte, dass im Zeitraum von 1998 bis 2001 in China jedes Jahr jeweils 15000 Personen hingerichtet wurden.

Diese Zahl beträgt mehr als das Vierfache der höchsten westlichen Schätzungen von Hinrichtungen in China. Sie stützt sich auf das Buch “Die vierte Generation”, ein Bericht über die Politik des Landes, geschrieben von einem Insider der Partei. Chinas Strafgesetzbuch enthält 68 schwere Verbrechen, 28 von ihnen betreffen nichtgewaltsame Vergehen.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hat in den letzten Monaten eine Anzahl von Pressemitteilungen veröffentlicht, die auf die Situation in dem volkreichsten Land der Welt aufmerksam machen.

Proteste in anderen Ländern

Auch Japan erntet Kritik für seine Anwendung der Todesstrafe. Jedes Jahr, meist im Frühling, richtet das Land fünf oder sechs Häftlinge hin -- nahezu ganz im Geheimen, bemerkte die “New York Times”.

Den Häftlingen wird ihre Exekution erst ganz kurz, bevor sie gehängt werden, mitgeteilt. Sie erhalten gerade noch genug Zeit, um ihre Zellen zu reinigen, einen letzten Brief zu schreiben. Die Verwandten werden erst nach der Hinrichtung informiert. Das Justizministerium lehnt es ab, die Namen der Gehenkten freizugeben, ausser gegenüber ihren Verwandten. Und es ist nicht einmal bereit, die Anzahl der Häftlinge in den Todeszellen zu bestätigen.

Die “Japan Times” schätzte in einem Artikel vom 1. Februar 2003, dass sich 57 Personen in den Todeszellen befinden. Der älteste von ihnen, Tsuneki Tomiyama, ist 85 Jahre alt. Er wurde 1963 zum Tod verurteilt und reichte im letzten Dezember ein Gnadengesuch ein.

Andere ostasiatische Länder überdenken derzeit die Todesstrafe. Taiwan hat zum ersten Mal eine Regierung, die erklärt, sie wolle ein Ende der Hinrichtungen, berichtete die “Financial Time”. Und in Süd-Korea sind seit 1998 keine Hinrichtungen mehr durchgeführt worden. Taiwan hat in den vergangenen zehn Jahren fast 300 Hinrichtungen vollzogen, im Vergleich dazu hatte Süd-Korea 75 und Japan über 40, schrieb das Wirtschaftsblatt.

Für die Philippinen teilte der Aussenminister Blas Ople den Botschaftern der EU mit, das Land sei dabei, Hinrichtungen einzustellen, während im Kongress noch “über das Für und Wider der Todesstrafe debattiert wird”.

Fall in Nigeria erregte weltweite Aufmerksamkeit

Inzwischen lenkt in Nigeria der Prozess um Amina Lawal, die Frau, die wegen Ehebruchs zum Tod durch Steinigung verurteilt wurde, weiterhin die Aufmerksamkeit auf sich. Ihre letzte Berufungsverhandlung wird am 25. März beginnen, meldete die “Agence France-Press” am 24. Januar.

Der oberste Richter für islamisches Recht des Staates Katsina im Norden Nigerias, Grosskadi Aminu Ibrahim, wies einen Antrag der Staatsanwaltschaft zurück, in dem diese um eine sechsmonatige Frist zur Vorbereitung ihres Prozesses gebeten hatte. Diese Verzögerung hätte den strittigen Prozess auf die Zeit nach Nigerias allgemeiner Wahl und Präsidentenwahl in diesem April verschoben. Im August 2002 war Frau Lawals erste Berufung abgewiesen worden, wodurch ihre Verteidiger gezwungen wurden, vor dem Obersten Islamischen Gericht des Staates Berufung einzulegen.

Der nigerianische Aussenminister Dubem Onyia hat versprochen, dass die Regierung tätig werden wolle, um die islamischen Gerichte daran zu hindern, Hinrichtungen durchführen zu lassen, berichtete “Associated Press” am 10. November 2002. Nigerias islamische Gerichte haben kürzlich auch andere Personen zum Tode verurteilt, darunter ein Liebespaar und einen der Vergewaltigung überführten Mann. Die Todesstrafe kann doch noch ein langes Leben haben.

Todesstrafe in der Bibel

1.Mose 9,6: "Wer Menschenblut vergiesst, dessen Blut soll auch durch Menschen vergossen werden; denn Gott hat den Menschen nach seinem Bild gemacht."

Gibt es eine neutestamentliche Grundlage für die Todesstrafe oder sollte die Todesstrafe nur in alttestamentarischen Zeiten praktiziert werden? Da Römer 10, 4 sagt, dass “Christus des Gesetzes Ende ist“, gibt es da noch irgendeine Grundlage, die Todesstrafe zu rechtfertigen? Schiebt nicht das “liebe deine Feinde“ Jesu die Forderung „Auge um Auge, Zahn um Zahn, Leben um Leben“ beiseite?

Contra "Todesstrafe"

Christen haben zu diesen Fragen die unterschiedlichsten Antworten. Einige Christen glauben, dass es niemals gerechtfertigt sein kann, das Leben irgendeines Menschen zu nehmen, egal wie schwerwiegend sein Verbrechen sein mag. Die Todesstrafe, so meinen sie, wurde im alten Israel angewendet, als die Nation noch theokratisch war, also von Gott selbst regiert wurde. Seit Gott nicht mehr direkt der Regierung eines Landes vorsteht, gibt es keine Grundlage mehr für die Todesstrafe. Es ist nach dieser Auffassung undenkbar, dass Gott die Macht über Leben und Tod in die Hand eines unvollkommenen Menschen legt. Denken sie an die vielen Ungerechtigkeiten, die sich unvermeidlich entwickeln würden. Die Armen und Minderheiten hätten dann keine gerechte Behandlung zu erwarten. Das Leben unschuldiger Menschen würde einfach „ausgepustet“, wenn ein korruptes Rechtssystem die Wahrheit pervertieren würde. Die Reichen und Mächtigen könnten sich von der Todesstrafe freikaufen. Ausserdem würde der Mord als Verbrechen niemals ganz ausgerottet, selbst wenn die Todesstrafe strikt durchgeführt werden würde. Dies ist die Argumentationskette der Christen, welche die Todesstrafe ablehnen.

Pro "Todesstrafe"

Christen, die die Todesstrafe befürworten, erkennen bereitwillig an, dass überall, wo die Todesstrafe praktiziert wurde, Fehler und Rechtsbeugung vorkamen, dass unschuldige Menschen getötet wurden und auch dass der Mord nie ausgerottet werden konnte. Aber sie machen auch deutlich, dass wo immer die Todesstrafe praktiziert wurde, die Bedrohung durch die Todesstrafe mit dazu beitrug, dass die Öffentlichkeit eher vor Gewaltverbrechen geschützt war und dass die Zahl der mutwilligen Morde sich senkte. In islamischen Ländern beispielsweise, wo man dahin tendiert das Gesetz „Auge um Auge, Zahn um Zahn, Leben um Leben“ wortwörtlich zu nehmen, ist die Rate der Verbrechen definitiv niedriger als in westlichen Ländern, in denen man das Todesurteil nur selten ausführt.

Solange die Todesstrafe als Abschreckung mit allen Arten von Statistiken diskutiert und debattiert wird, wird diese spezielle Frage allerdings nie beantwortet. Der Grundgedanke ist trotz allen bedauerlichen Fällen von Rechtsverdrehung, Fehlern und mangelnder Effektivität, dass die biblische Grundlage für die Todesstrafe nie geändert oder beiseitegesetzt worden ist. Die Todesstrafe wurde eingesetzt, weil Gott dem menschlichen Leben einen hohen Wert beimisst. Gott sieht das menschliche Leben als so wertvoll an, dass er verfügte, dass jeder, der menschliches Leben nimmt, die allerletzte Strafe erleiden sollte - die Todesstrafe.

Quellen: ZENIT/SoundWords

Datum: 19.03.2003

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