Satanismus: Prekäres Lebensgefühl und soziale Entwurzelung

Gibt es den „schwarzen Engel“ oder ist alles psychologisch erklärbar?

Zwei Meldungen von vergangener Woche, die man immer wieder so oder ähnlich in der Presse findet:

Satanisten haben das Gemeindezentrum der Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK) gehörenden Gemeinde Berlin-Marzahn geschändet. “Satan war hir!” lautete ein am hellichten Tag an die Kirchenwand geschmiertes Graffiti.

“Nicht einmal richtig schreiben können die”, empörte sich Pfarrer Hartwig Neigenfind. Er kündigte an, den Tätern “einen Duden zu schenken, wenn sie ertappt werden”. Seine Gemeinde fürchte sich nicht, sehe aber Satan als eine Realität an.

Der Sektenbeauftragte der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg, Thomas Gandow (Berlin), schätzt, das im Stadtbezirk Marzahn-Hellersdorf etwa 500 Personen zum harten Kern der Satanisten zählen.

Recht harmlos verglichen mit der folgenden Meldung:

Jetzt steht es fest: Satanisten-Urteil rechtskräftig. Bundesgerichtshof stellt keine Rechtsfehler fest. Auf bestialische Weise brachten sie ihren Arbeitskollegen um, töteten ihn mit mindestens 66 Messerstichen und Hammerschlägen. Jetzt atmet die Öffentlichkeit auf: Das Urteil gegen das unheimliche Satanisten-Paar aus Witten ist rechtskräftig.

Für den abscheulichen Mord waren die beiden bereits im Januar vom Landgericht Bochum verurteilt worden – Manuela Ruda zu 13 Jahren und Daniel Ruda zu 15 Jahren Haft. Der Deutsche Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe überprüfte nun das Urteil und stellte keine Rechtsfehler fest.

Manuela und Daniel Ruda hatten den Mord drei Monate lang in allen Einzelheiten geplant. Sie hätten "im Auftrage Satans" gehandelt, gaben sie an. Seit Januar sind sie in der Psychiatrie untergebracht.

Sie erhofften sich, durch das Menschenopfer in "Satans Armee" aufgenommen zu werden und dort eine höhere Stellung zu erhalten. Sie planten detailliert die Tötung eines Arbeitskollegen des Mannes, den sie als Opfer ausgewählt hatten. Ihren ursprünglichen Plan, sich anschliessend selbst zu töten, gaben die Täter auf, da sie hierzu nicht mehr den Mut fanden.

Wie kann es dazu kommen?

Verwüstete Friedhöfe, mit blasphemischen Sprüchen verschmierte Kirchenwände, schwarze Messen: Sie sind das Ergebnis spektakulärer Handlungen von Jugendlichen, die sich damit nach eigener Überzeugung Satan andienen. Der Zürcher Jugendpsychologe Norbert Hänsli beton, die Hinwendung zum Satanismus sei namentlich auf ein prekäres Lebensgefühl und einen Mangel an sozialer Einbindung zurückzuführen.

Zugleich sagt Hänsli, der jedes Jahr im entspannten Ambiente einer Jugendstil-Villa Hunderte von Beratungsgesprächen mit Jugendlichen in Schwierigkeiten führt, Jugendsatanismus sei ein ernst zu nehmendes Problem, doch dürfe man nicht übersehen, dass dieser eher ein Randphänomen innerhalb des Okkultismus sei.

Ihrem Alter entsprechend neugierig, interessieren sich viele Jugendliche für Okkultismus. Bis zu einem Drittel der 16-Jährigen kämen über Praktiken wie Pendeln und Gläserrücken mit dem Okkultismus in Berührung, sagt Hänsli, der im Rahmen der Jugendseelsorge im Kanton Zürich als Jugendberater tätig ist. Dabei handle es sich um ein typisches Durchgangsphänomen, das Interesse an okkulten Handlungen klinge in den meisten Fällen rasch wieder ab.

Okkulte Betätigung

Bei einigen wenigen Jugendlichen finde die verhältnismässig harmlose vorübergehende Beschäftigung mit okkulten Praktiken eine Steigerung zu andauernder okkulter Betätigung, so Hänsli. Dies sei meist auf dem Hintergrund einer brüchigen Lebenslage der Fall. Okkultismus kann in diesen Fällen die Persönlichkeit von Jugendlichen noch zusätzlich destabilisieren. Dies gilt auch für jenen Okkultismus, der gezielt die dunklen Mächte mobilisieren will: den Jugendsatanismus.

"Für mich war das so eine Art Gewaltakt gegen die Religion", bekannte in Luzern vor Gericht ein Jugendlicher, der sich wegen Grabschändung, Beschädigung von Kruzifixen und Brandstiftungen in einer Kirche und in einer Kapelle verantworten musste. Für den Psychologen Hänsli sind solche Handlungen "schriller Protest" gegen die etablierte Ordnung, vor allem aber ein verzweifelter Schrei gegen die eigenen schwindenden Zukunftsperspektiven. Oft vermögen diese Jugendlichen ihre zentralen Lebensprobleme nicht auszusprechen: Sinnlosigkeit, Einsamkeit, Trauer und Verlust, düstere Lebensgefühle, Todesgedanken.

Innere Leere

Jugendliche hätten es heute sehr schwer, eine Identität zu entwickeln. In der Erlebnisgesellschaft drohe hinter jedem konsumierten Abenteuer und Event die Langeweile. Als Gegenmittel und um die alles dominierende innere Leere zu überwinden, biete sich für einige Jugendliche Satanismus an, erläutert Hänsli. Begleitend im Spiel seien zudem Selbstverletzungen, Neigung zur Selbsttötung und Drogenkonsum.

Ein prekäres Selbstwertgefühl und soziale Entwurzelung, aber auch Heavy-Metal-Musik, Modestile, Horrorfilme können auslösende Faktoren für ein Abgleiten in den Satanismus sein, so Hänsli. In seiner Beratungspraxis sehe er den Satanismus mit sozialen und persönlichen Problemen verknüpft: Arbeitslosigkeit, keine oder eine abgebrochene Lehre, übermässiger Alkoholkonsum, zerrüttete Familienverhältnisse, Verlust enger Bezugspersonen durch Tod und sexueller Missbrauch bereiteten der Teufelsanbeterei den Boden: "Satanismus ist Ausdruck von Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit."

Verführerische "Szene"

Hänsli betont zudem, wie gefährlich die "Szene" auf Jugendliche wirken kann, die ohne deren Existenz kaum den Weg zum Satanismus finden würden. Er schildert den Fall eines 15-jährigen Mädchens aus "schwierigen" Familienverhältnissen, dessen persönliche Situation durch tragische Todesfälle vollends aus dem Gleichgewicht geriet. Es versuchte mit den Toten mittels "weisser Magie" in Kontakt zu treten, ohne Erfolg. Da fand sie Anschluss an eine Jugendsatanistengruppe, versuchte es mit den "bösen Geistern", begann an "schwarzen" Zeremonien im Wald teilzunehmen, betete Satan an, der ihr auch prompt "erschien".

Auf die Frage nach einem allfälligen Schutz vor den Gefahren des Satanismus, meint er, Lehrer und Lehrerinnen könnten Jugendliche auf diesen Punkt ansprechen, wenn sie etwa durch Kleidung oder Verhalten auffällig würden. Beratungsgespräche, wie er sie führe, böten zusätzliche Hilfe. Allgemein gesagt, gelte es, das Selbstwertgefühl der Jugendlichen zu stärken. In der offenen Gesellschaft erlebten sie zu wenige konstruktive Widerstände in der Auseinandersetzung mit Erwachsenen.

Ohnmachtserfahrungen

Besonders wichtig ist es laut Norbert Hänsli, dass die Jugendlichen erkennen können, dass sie eigene Ziele erreichen können und dass sie von anderen Menschen gebraucht und geschätzt werden. In diesem Zusammenhang sei die Arbeit oder eine Lehre sehr wichtig. Er habe die Erfahrung gemacht, dass Eltern oft zu lange zuwarteten, wenn die Jugendlichen mit ihrer Arbeit oder Lehre in Schwierigkeiten geraten. Jugendliche ohne eigene Möglichkeiten äusserten ihre Ohnmachtserfahrungen nicht zuletzt auch durch Vandalismus, erinnert er an ein Phänomen, bei dem der Kreis der Täter weit über den Kreis der Satanisten hinausgeht.

Hänsli verweist auf die vielfältige Jugendarbeit der Kirche, die geeignet ist, Kinder und Jugendliche in ihrer Entwicklung zu gesunden Menschen zu unterstützen. Viele Kirchgemeinden fördern mit Jugendtreffs die offene Jugendarbeit. Dies sei wichtig, da gerade auch Jugendliche, die sich nicht verbandlich organisieren, Förderung und Begleitung brauchten, betont Hänsli.

Darüber hinaus gibt es kirchliche Organisationen wie CMV, Jungwacht und Pfadfinder, die die Selbständigkeit und das Gefühl von persönlicher Verantwortlichkeit fördern. Zudem erweitern sie das soziale Bezugsnetz der Kinder und Jugendlichen, was bei familieninternen Konflikten entlastend wirken kann.

Kommentar

Ulrich Parzany

Ist Satan nur Einbildung oder Realität?

Viele fragen sich heute, was eigentlich hinter dem Satanismus steckt. Die Bibel sagt klar, dass Satan eine Realität ist. Jesus hat viele Menschen von satanischer Besessenheit befreit. Kritiker der Bibel ­ auch viele Theologen ­betrachten diese Geschichten als mythologisch und weltanschaulich überholt. Doch die Zeiten lehren uns etwas anderes. "Aufgeklärte Menschen glauben so was nicht. Jetzt aber werden wir massiv mit der satanischen Wirklichkeit konfrontiert", sagt Ulrich Parzany, Generalsekretär des CVJM-Verbandes in Deutschland.

Dieselben Leute, die sich angeblich nur auf naturwissenschaftliche Erkenntnisse verlassen, gebrauchen zur Bewältigung ihrer Lebensängste heimlich okkulte Mittel, lesen Horoskope, tragen Amulette, besuchen spiritistische Sitzungen und gehen zur Wahrsagerin. Das satanische Angebot kommt oft positiv daher mit Glücksversprechungen, schlussendlich macht es die Menschen aber kaputt. Das ist die grosse Täuschung: Es erscheint so vernünftig, die Zukunft zu kennen, um planen zu können. Also geht man zum Wahrsager. Was kann man dagegen haben, wenn Menschen geholfen wird? Also benutzt man die weisse Magie. Um glücklich zu werden, tut man rücksichtslos, was man will. Doch wieviele Trennungen und Scheidungen sind die Folge, wenn jeder seinen eigenen Weg geht. Der Mensch möchte sein wie Gott (1.Mose 3,5). Leben schaffen und die Welt beherrschen. Der Weg führt ins Chaos, Angst und Hass sind die Folge. Macht zerstört einst die Welt! Jesus nannte Satan einen Lügner und Mörder (Joh. 8,44) und Paulus warnte deutlich vor dem Engel der sich verstellt (2.Kor. 11,14). Letzt endlich geht es um einen Machtanspruch. Wessen Werkzeug will der Mensch sein? Wer bestimmt das Leben? Gott oder sein Gegenspieler?

Quellen: idea.de/Kipa

Datum: 19.11.2002

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