Neues Glaubensbekenntnis: „Gott ist schwul, und das ist cool.“?

Albrecht Kaul

Auf dem grössten christlichen Jugendkongress in diesem Jahr, dem Christival in Kassel mit 20000 Teilnehmern, gab es Streit um eine Aussage des stellvertretenden Christival-Vorsitzenden Klaus Göttler, dass sich Christsein nicht mit praktizierter Homosexualität vertrage. Medien kritisierten diese Aussage, Homosexuellenverbände protestierten, und die Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck distanzierte sich von der Aussage Göttlers. Dazu eine Glosse vom stellvertretenden Generalsekretär des CVJM-Gesamtverbandes, Albrecht Kaul (Kassel).

Ich bin nur ein kleiner unbedeutender Christ, aber ich glaube an Gott, an Jesus, an die Bibel und manchmal auch an das, was unser Pfarrer sagt. Unsere Jüngste, die Jana (15), war am Christival in Kassel. Muss ja ganz toll gewesen sein...

Sie ist hellauf begeistert, hat viele Leute kennengelernt und schreibt nun ständig SMS und solches Zeug. Was ich ihr nicht zugetraut hätte: Sie war bei einer Besuchsaktion des Christivals in der Stadt dabei, bei der Evangelistisches verteilt wurde. Weil sie etwas schüchtern ist (hat sie von mir), war sie froh, als erstes vor der Wohnung einer Pastorin zu stehen. Aber das war dann doch nicht so gut: Sie, als Gemeindepastorin, sei gegen das Christival, weil es intolerant gegenüber Homosexuellen sei.

Meine Jana war ziemlich durcheinander. Ich gestehe meine Schuld, dass wir unsere Kleine noch nicht in die Geheimnisse der Homosexualität eingeführt haben. Aber sie ist clever (hat sie nicht von mir) und ist gleich mit zum Seminar über dies Thema auf dem Christival gegangen. Welche Überraschung: Vor dem Seminarraum stand eine massive Gruppe, die wollten die Christivaller zur Homosexualität bekehren.

Es wurden sogar Drohungen ausgesprochen, falls sich die Christival-Macher nicht von der biblischen Sicht der Dinge verabschiedeten. Auch die Reporter stürzten sich sofort auf das Thema, obwohl das Christival Hunderte anderer aktueller Seminare und Inhalte hatte. Ich bin ja sehr einfach in meinen Gedanken, aber ich frage mich: Wer muss heute eigentlich tolerant sein? Die, welche die öffentliche Meinung machen, oder die, welche nicht mitbrüllen, wenn alles brüllt.

Dann wäre ich ja intolerant ...

Wenn Homosexualität das Hauptproblem unserer Zeit ist, dann habe ich auch gewisse Befürchtungen: Jana hat mir ihre Bilder von Kassel gezeigt. Eins macht mich nachdenklich. Sie verabschiedet sich umarmend von einer neuen Freundin. Sie tun das sehr zärtlich. Ob Jana vielleicht auch lesbisch ist? Naja, im Diakonischen Werk Berlin gibt es ja Wohngruppen für homosexuelle Jugendliche, da könnte ich sie ja notfalls anmelden. Aber ich frage mich als einfacher Christ: Warum wird heute jeder Prediger und jede Veranstaltung an der Frage zur Homosexualität gemessen? Wenn es so wichtig ist, dann sollte man doch gleich das Glaubensbekenntnis umschreiben: „Gott ist schwul, und das ist cool.“

Früher beim CVJM habe ich einmal ein Mitarbeiterseminar mitgemacht. Da wurde uns von den Streitereien in der frühen Kirche erzählt. Damals ging es nur um Jesus, wer er nun wirklich ist: Gott oder Mensch. Nebensächlichkeiten angesichts unserer Probleme. Bis aufs Messer wurde gekämpft. Später haben sie diese Streitereien verurteilt und gesagt, dass der Teufel versucht hätte, die Kirche zu spalten. Zum heutigen Homo-Streit dürfte ich so etwas niemals sagen, dann wäre ich ja intolerant – und es gibt ja nichts Schlimmeres als das. Als ich im Christival-Alter war, da gab es auch einen Homosexuellen in unserer Gruppe, ein netter Aussenseiter. Heute soll jeder die sogenannte Schöpfungsvariante gutheissen. Falls ich morgen homosexuell sein müsste, um überhaupt richtig glauben zu können, würde ich heute lieber gleich aus einer solchen Kirche austreten.

Datum: 29.10.2002
Quelle: idea Deutschland

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