Alarmierend: AIDS wird noch viel mehr Menschen töten

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Peter Piot, Executive Director UNAIDS

Genf - Die AIDS-Epidemie ist überhaupt nicht im Abflauen begriffen; sie ist keineswegs stabilisiert. Wenn die Präventionsanstrengungen nicht massiv verstärkt werden, wird AIDS bis ins Jahr 2020 weitere 65 Millionen Menschen töten - das sind viermal so viele, wie in den ersten 20 Jahren der Seuche starben. Und gleich viele Menschen, wie in allen Kriegen des 20. Jahrhunderts zusammengenommen starben. Dieses grauenvolle Szenario zeichnet ein Bericht des UNO-Programms UNAIDS, der im Vorfeld der Welt-AIDS-Konferenz von Barcelona veröffentlicht wurde.

40 Millionen Menschen leben heute mit dem HI-Virus. Und gerade in den am meisten betroffenen Ländern nimmt die HIV-Infizierung in einem Ausmass zu, das man nicht für möglich hielt. Nach den neuen Daten stimmt es überhaupt nicht, dass sich die Epidemie in diesen Ländern "stabilisiere". In Botswana leben heute 39 Prozent aller Erwachsenen mit dem HI-Virus gegenüber 36 Prozent vor zwei Jahren. In Simbabwe waren 1997 ein Viertel der Erwachsenen mit dem Virus infiziert, Ende 2001 waren es ein Drittel. Am raschesten greift die Epidemie in Russland und Osteuropa um sich. In der Ukraine geschieht jede vierte neue Infektion durch Übertragung unter Heterosexuellen.

Von den 40 Millionen HIV-Infizierten erhalten derzeit bloss 700'000 wirksame Medikamente. 500'000 von ihnen leben in den reichen westlichen Ländern. In Afrika hatten nur 30'000 der 28,5 Millionen Infizierten Zugang zu diesen Behandlungen.

Der Leiter des UNAIDS-Programms, Peter Piot, und ein Epidemiologe gaben gegenüber der Presse zu, dass man in früheren Berichten die drohende Ausbreitung von AIDS in Afrika massiv unterschätzt habe. Die Seuche sei komplexer als andere Krankheiten, wurde zur Erklärung angeführt: Massenmigrationen, wirtschaftliche Verwerfungen und andere soziale Faktoren trügen dazu bei. Dass Ehepartner sich für die Arbeitssuche trennen und notleidende Frauen sich prostitutieren, sind ebenso Faktoren wie Vertreibung in ethnischen Konflikten und höhere Scheidungszahlen.

Laut Peter Piot müssen die Länder mit steigenden Ansteckungsraten lernen von jenen Staaten, die diese Kurve gebrochen haben. Offene AIDS-Prävention und öffentliche Bewusstseinsbildung durch Politiker wie auch Zugang zu Tests gehörten zu den besten Massnahmen.

Alarmierend ist die Zunahme von AIDS in Indonesien, das lange tiefe Zahlen von Infizierten aufwies. Die Karibik ist die am zweitstärksten durchseuchte Weltregion (6% HIV-Infizierte in Haiti). Auch in China wurde AIDS vor Jahren vor allem durch schmutzige Spritzen und verseuchtes Blut übertragen, doch nimmt jetzt die Zahl von Ansteckungen durch heterosexuellen Geschlechtsverkehr stark zu.

Im vergangenen Jahr starben drei Millionen Menschen an AIDS und fünf Millionen infizierten sich neu mit dem HI-Virus. Weltweit sind 14 Millionen Kinder AIDS-Waisen.

Datum: 04.07.2002

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