Hilfe für Selbstmord-Gefährdete

© Lettnin Alexandre, kreativgalerie.ch
© Lettnin Alexandre

Gründe für Selbstmord

Jedes Jahr nehmen sich in der Schweiz rund 1500 Menschen das Leben. Die Schweiz hat damit eine der höchsten Selbstmordraten der Welt. Der Brückenbauer schreibt in seiner letzten Ausgabe vom 19. November: Schweizer Kinder sind nicht glücklich. Laut einer Umfrage des Zentrums für Kinder- und Jugendpsychiatrie der Universität Zürich leiden 20 Prozent der 13- bis 20-Jährigen unter psychischen Erkrankungen wie Depressionen. Selbstmorde stehen bei Jugendlichen an zweiter Stelle als Todesursache, schreibt Medica vom 20. November. So waren in Deutschland von den 11 065 Menschen, die sich im Jahr 2000 das Leben genommen haben, 305 Jugendliche darunter im Alter von 10 bis 19 Jahren.

Blenden wir die jüngste Vergangenheit aus, lassen sich drei Faktoren ausmachen, welche die regionalen und lokalen Unterschiede zwischen den Selbsttötungsraten stark beeinflussen: nämlich

¨ die kulturelle Differenz zwischen Stadt und Land,
¨ diejenige zwischen Protestantismus und Katholizismus
¨ und diejenige zwischen französischer und deutscher Sprachzugehörigkeit.

Was sich hinter dem konfessionellen Faktor verbirgt, wird im Almanach "150 Jahre schweizerischer Bundesstaat " nicht weiter ausgeführt. Dafür sei die Bereitschaft zur Selbsttötung auf dem Land weniger ausgeprägt als in den Städten. Dies könne damit zusammenhängen, dass einzelne Individuen in einem dörflichen Milieu sozial stärker verankert sind als in der Anonymität der Grossstadt. Am meisten Mühe bereitet es, den Zusammenhang zwischen der Selbsttötungsrate und der jeweiligen Sprachkultur zu deuten. Zumal die Westschweiz in ökonomischer Hinsicht bis vor kurzem kaum schlechter gestellt war als die Deutschschweiz. Möglich sei, dass die verhältnismässig hohe Scheidungsrate in der Westschweiz und die dortigen Erwerbsstrukturen eine Rolle spielen, so schreibt das Amt für Statistik. Schwierige Lebenssituationen und verschiedene, sich summierende Faktoren sind mitentscheidend bei diesen endgültigen Schritt, wie:

¨ Vereinsamung
¨ Nichtverstandenwerden
¨ Ablehnung
¨ Mangel an Geborgenheit
¨ keine Zukunft haben aufgrund von Arbeitslosigkeit, Bankrott
¨ Sexueller oder körperlicher Missbrauch
¨ Selbstmord oder Gewalt in der Familie
¨ Streit und Auseinandersetzungen
¨ Tod eines nahestehenden Freundes oder Familienangehörigen
¨ körperliche, chronische Krankheiten
¨ Scheidung oder Trennung, Beendigung einer Beziehung
¨ Versagen auf akademischem Gebiet, bevorstehende Prüfungen,
¨ Kündigung, Probleme auf der Arbeit
¨ Bevorstehende Gerichtsverhandlungen
¨ Kürzliche Inhaftierung oder bevorstehende Freilassung um einige zu nennen.

Selbstmord eine Tat der Verzweiflung

Selbstmord ist eine Tat der Verzweiflung. Wenn der Gefährdete keine Hoffnung für die Änderung seiner Situation mehr sieht, greift er zum letzten Mittel, seiner Trostlosigkeit ein Ende zu bereiten, den Freitod. Leider wird über Selbstmord eine Menge Unsinn verbreitet, schreibt die Internationale Organisation "Befrienders International. Die Gefahr für Selbstmord sei in vielen Ländern unter Männer zwischen 18 und 24 Jahren am höchsten. Selbstmordgefährdete Personen seien dies nicht ihr Leben lang, sondern während einer bestimmten Lebensphase. Die jeweiligen Lebensumstände sind ausschlaggebend. Etwa 80 Prozent der durchgeführten Selbstmorde geschehen nach mehreren Versuchen. Dies betreffe insbesondere junge Leute. Manchmal sind es impulsive, unreflektierte Entscheidungen. Auf jeden Fall ist die Dunkelrate gross. Oft ist nicht klar, ob es sich um einen Unfall oder Selbstmord handelt.

Aktive Hilfe und Zuwendung

Ambivalenz ist ein deutliches Charakteristikum einer gefährdeten Person. Viele wollen gar nicht sterben, sondern suchen einfach einen Weg, um einer unerträglichen Situation zu entkommen. Was können wir als Nächste tun?

¨ Mit der Person über den geplanten Selbstmord sprechen
¨ zuerst einmal einfach zuhören
¨ den andern und seine Situation ernst nehmen
¨ Anteil nehmen
¨ lernen die Dinge aus seiner Perspektive zu sehen
¨ bereit sein zu helfen
¨ möglichst wenig Ratschläge geben
¨ keine Kritik üben
¨ Mut machen
¨ ihn in seinen Fähigkeiten bestätigen
¨ den Blick des Gefährdeten auf etwas Schönes richten
¨ Fachleute beiziehen z.B. einen Arzt

Wenn jemand, der zuvor depressiv war oder sich mit Selbstmordgedanken getragen hat, plötzlich wieder fröhlicher erscheint, sollte das nicht falsch verstanden werden. Es darf nicht davon ausgegangen werden, dass die Gefahr plötzlich vorbei ist. Der Betroffene braucht auf jeden Fall Hilfe und Betreuung durch Fachpersonen. Der Blickwinkel des Gefährdeten ist sehr eingeschränkt und auf seine Situation fixiert. Lebensmüde Menschen suchen nicht nach Antworten oder Lösungen. Sie sehnen sich nach einem sicheren Ort, an dem sie ihre Ängste und Sorgen zum Ausdruck bringen, sie selbst sein können.

Anzeichen und Warnzeichen

Sätze wie: 'Ich kann einfach nicht mehr', 'Es hat alles keinen Sinn mehr' oder sogar 'Ich glaube, ich mache allem ein Ende'. Solche Bemerkungen sollten stets äusserst ernst genommen werden. Andere Anzeichen treten ebenfalls häufig auf, wie:
· Deprimiertsein oder Verschlossenheit
· Leichtsinniges Verhalten
· Eine merkliche Veränderung im Verhalten, in den Einstellungen oder des Aussehens
· Drogen- oder Alkoholmissbrauch
· häufiges Weinen
· Schlaf- und Essstörungen
· plötzlicher Gewichtsverlust oder starke Gewichtszunahme
· Apathie
· Psychische Störungen

Zum Glück gibt es inzwischen viele Organisation, die Hilfe und Beratung anbieten.

Die Organisation "Befrienders International" beruht auf 31'000 freiwiligen Mitarbeitern aus 40 Ländern. Unter der website www.suicideinfo.org/german/suicial.htm bietet sie weitere Informationen und vorallem helplines in über 40 Ländern der Welt an.
Sie können sich auch an www.telefonseelsorge.de wenden oder in der Schweiz unter Telefonnummer 143 bei der "Dargebotenen Hand" Rat und Trost suchen. In der Welschschweiz bietet "Balbina" unter Tel. 0901.555.963 Hilfe an.

Suizid - «Ich hab das Leben satt!»

Der Mensch ist sehr frei und unternimmt viel, um das Leben zu erhalten und zu verlängern. Und trotzdem gibt es einen Punkt, den wir als das Ende bezeichnen. Pfarrer Fredy Staub ist überzeugt, dass dieser Moment nicht dem Zufall überlassen und nicht ins Belieben des Menschen gestellt ist. Aber es gibt Menschen, die in ihrem Leben an einen Punkt kommen, wo sie sagen: «Ich habe das Leben satt, jetzt will ich diesem Zustand eine Ende machen.» Wie können betroffene Familien, Freunde, Kollegen solchen lebensüberdrüssigen Menschen begegnen?

Audio-Beitrag mit Fredy Staub

Quellen: Befrienders International/Medica/Brückenbauer

Datum: 21.11.2002
Autor: Antoinette Lüchinger

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