Dubiose Herkunft der Knochentruhe

Auf dem Transport nach Kanda beschädigt. Ein Riss mitten durch die berühmte Inschrift.
Oded Golan der Besitzer der Knochentruhe

Im Osten von Jerusalem unterhalb der alten Stadtmauern und glitzernden Dome von Jerusalems Altstadt, erstreckt sich das Kidron Tal. Hier, so berichtet die Legende, wurden einst Kinder den Göttern Moloch und Baal geopfert. Zudem soll „Das Letzte Gericht“ einst hier stattfinden. Das Dorf Silwan liegt mitten in diesem Tal. Viele Dorfbewohner behaupteten letzte Woche, zu wissen woher die inzwischen berühmte Knochenurne stamme.

Zurzeit befindet sich die Urne in Kanada. Auf dem Transport dahin haben sich Risse gebildet. Ein Spalt läuft jetzt auch mitten durch die aramäische Inschrift, welche die älteste dokumentierte Erwähnung von Jesus sein soll. Nun müsse zunächst geklärt werden, ob die Stabilität der Urne nicht gefährdet sei.

Die Herkunft dieser Gebeinsurne, welche die sensationelle Aufschrift: „Jakob, Sohn des Josef und Bruder des Jesus“ trägt, (wir berichteten darüber) ist immer noch umstritten. Die Kontroverse um diesen Fund beschränkt nicht nur auf dessen nebulöse Herkunft, sondern auch auf die Frage: Sind tatsächlich die Knochen von Jesus Bruder, Jakob, darin aufbewahrt worden? Handelt es sich um ein Original oder eine Fälschung?

Licht ins Dunkel

Die Restauration der Knochentruhe wird hoffentlich Licht in diese Sache bringen. Inzwischen gehen die Nachforschungen der Israelischen Untersuchungsbehörde weiter. Nachdem der Name des Besitzers bekannt wurde, zeigte sich dieser bereit einige Exklusivinterviews zu geben. Hier ein kurzer Abriss über die neusten Aussagen und den Stand der Untersuchungen:

Identifikation des Besitzers

Der Besitzer der 2000 Jahre alten Gebeinurne wurde letzte Woche durch die israelische Zeitschrift "Ha'aretz" identifiziert. Die „National Post“ aus Kanada berichtete am 9. September: Oded Golan wurde letzte Woche durch die Polizei verhört. Man verdächtigt ihn, diesen Behälter illegal erworben zu haben.

Die „Washington Times“ vom 11. November und „Associated Press“ vom 8. November berichten: Oded Golan, Ingenieur von Tel Aviv, sagte in einem Telefoninterview, dass er bis jetzt dieses historische Kunstwerk nicht herausgegeben habe, weil er ein Privatmann sei und den Medienrummel nicht schätze.

Golan wurde inzwischen durch den Inspektor der israelischen Antiquitäten-Aufsichtsbehörde verhört. Dieser wollte wissen, ob die Knochentruhe illegal erworben wurde. Golan behauptete, die Truhe Mitte 1970 von einem Antiquitätenhändler in der Altstadt von Jerusalem für 200 Dollar erworben zu haben. Er könne sich an den Namen des Händlers nicht mehr erinnern, da er in diesem Jahr zwei weitere Knochenbehälter erwarb. Er sei im Besitz der grössten privaten Sammlungen von Grabbehältern in der Welt.

Golans Vater, Eliezer Golan, sagte bei der Untersuchung aus, dass die Knochentruhe viele Jahre auf dem Balkon ihres Appartements gestanden habe. Ihr Sohn hätte diese vor etwa 15 Jahren mitgenommen, als er sich eine eigene Wohnung nahm. Golan präzisierte " Er wisse nicht mehr genau, wann er die Knochentruhe gekaufte habe. Aber diese sei sicher schon in seinem Besitz gewesen, bevor er seinen Ingenieurausbildung am Israelischen Technikum in Tel Aviv abschloss habe".

Wie ist der folgende Widerspruch zu erklären? An der Pressekonferenz im letzten Monat hiess es, der Besitzer hätte die Truhe vor 15 Jahren gekauft? Auf diese Frage hin, erklärte Golan in einem Telefoninterview: "Wahrscheinlich habe Hershel Shanks, Herausgeber der Biblical Archeology Review, ihn falsch verstanden. Tatsächlich sei er sich der potentiellen Bedeutung dieses Knochenbehälters nicht bewusst gewesen, bis vor einigen Monaten Andre Lemaire bei einem Besuch den Behälter genauer untersucht habe...".

Golan erklärte zudem, er beabsichtige nicht, den Knochenbehälter wieder in seine Wohnung zurückzuführen. Die Versicherung würde zu viel kosten. Vielmehr solle der Behälter an einem sicheren Ort - zum Beispiel in einem Museum aufbewahrt werden. Das Kunstwerk solle aber in Israel bleiben. Allerdings werde er diesen Fund nie verkaufen, da es sich um den ältesten archäologischen Hinweis auf Jesus handle.

Fund aus einer Raubgrabung?

Inzwischen hat die Polizei verschiedene Händler verhört. Dabei erhärte sich der Verdacht, dass Golan die Truhe erst vor ein paar Monaten erstanden habe, berichtete Associated Press dieses Wochenende.

Das neue Israelischen Antiquitäten-Gesetz wurde 1978 verabschiedet. Transaktionen, die vor 1978 stattfanden, können demnach gerichtlich nicht mehr verfolgt werden. Allerdings erlaubt dieses Gesetz auch heute noch den privaten Handel mit Antiquitäten trotz der Tatsache, dass viele Funde aus Raubgrabungen stammen.

Gideon Avni, der frühere Chef-Archäologe von Jerusalem erklärte, dies sein eine ausgezeichnete Fallstudie und zeige auf, wieviel Schaden durch sogenannte Raubgrabungen angerichtet würden. Die Israelische Antiquitäten-Aufsichtsbehörde ihrerseits hat nur eine provisorische Ausfuhrbewilligung erteilt und beharrt darauf, dass das Ossarium bis Ende Februar wieder zurückgeschafft werde. Der Knochenbehälter wird am 16. November im Royal Ontario Museum in Toronto, Kanada ausgestellt.

Restauration und weiter Untersuchungen

Das Royal Ontario Museum berichtete gestern, dass die Truhe sorgfältig mit einem Spezialleim repariert werde. Die Sprünge blieben aber sichtbar. Laut Hershel Shanks, hat sich durch die Beschädigung der Wert der Truhe nicht vermindert, da es sich nach wie vor um einen bedeutenden historischen Fund handle. Ersten Meldungen zufolge wurde die Gebeinurne von drei bekannten Sprachforschern untersucht und deren Authentizität bestätigt. Eine Laboruntersuchung zufolge setzten die Wissenschaftler der "Geological Survey of Israel" das Alter der Truhe auf 2000 Jahre an.

Nun berichtet die „Washington Times“, die israelische Antiquitäten-Aufsichtsbehörde habe die Ausfuhrbewilligung erteilt ohne die Bedeutung des Fundes zu kennen. Sie plane das Ossarium, nach der Rückführung aus dem Ausland, noch gründlicher zu untersuchen. Über kurz oder lang wird wohl die Wahrheit ans Licht kommen und Aufschluss über Hintergründe und Motivation des Besitzers geben.

Simcha Jacobovici, ein kanadischer Filmproduzent in Toronto, erklärte sich inzwischen bereit einen Film über diese sagenumwobene Truhe zu drehen. Jacobovici liess verlauten, Goran sei ein ehrlicher Sammler, mit einer eingefleischten Sammelleidenschaft, er glaube ihm, woher auch immer dieser Fund stamme.

Datum: 12.11.2002
Autor: Antoinette Lüchinger
Quelle: Livenet.ch

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