Hip-Hop-Band «Freispruch»

«Bei Gott gibt es immer Hoffnung auf Veränderung und Neuanfang»

Die deutsche Hip-Hop-Formation «Freispruch» bringt nach neun Jahren das zweite Album auf den Markt. Das Werk «Laut und Weise» zeigt Tiefgang: «Weisheit bedeutet für uns, unter anderem, zu erkennen, dass Gott der Erfinder des Lebens ist und deshalb auch am besten weiss, wie es funktioniert», erklärt Christian von «Freispruch» im Interview mit Livenet.
Freispruch
Cover von «Laut und weise» von Freispruch

Livenet: Christian, nach neun Jahren ist «plötzlich» das zweite Album da – was muss man über dieses zweite Werk wissen?
Christian: Für viele kommt dieses zweite Album wirklich überraschend. Wir haben aber in den neun Jahren seit Veröffentlichung der ersten Platte kontinuierlich an diesem Album gearbeitet und es gab keine künstlerische Pause, wie man vermuten könnte. Es hat einfach nur länger gedauert, da die Musik komplett neben unserem sonstigen Leben zwischen Familie und Beruf entstanden ist. Unser Ziel war es, mit dem zweiten Album inhaltlich und soundtechnisch ein neues Level zu erreichen. Wir wollten, dass eine Weiterentwicklung hörbar ist. Zu diesem Zweck haben wir zum Beispiel einen Grossteil des Budgets in einen guten Mix und ein hochwertiges Mastering investiert.

Inhaltlich war uns im Vergleich zum ersten Album wichtig, dass wir Menschen ohne christliche Sozialisation zwar herausfordern, aber nicht überfordern. Wir haben damals nämlich häufiger die Rückmeldung bekommen, dass Christen die Texte zwar sehr positiv aufgenommen haben, aber Menschen ohne christlichen Background oft das Gefühl hatten, sie werden von der Message überrollt. Die spannende Frage war deshalb: Wie schaffen wir es, ein Album zu machen, das Menschen neugierig auf Glauben macht und sie motiviert, sich (neu) mit Gott auseinanderzusetzen? 

Um Impulse und Denkanstösse zu geben, erzählen wir auf dem neuen Album zum Beispiel einige fiktive Geschichten, die eine tiefere geistliche Wahrheit beinhalten, aber keinen konfrontativen Charakter haben. Das bietet jedem die Möglichkeit, sich so intensiv mit der Message dahinter auseinanderzusetzen, wie er möchte. Wir verstehen die Songs als ein Angebot, das Leben neu zu reflektieren. Auf diese Storytellings haben wir bisher ein sehr positives Feedback bekommen. Ausserdem reden wir auf dem Album mehr über uns persönlich und unsere eigenen Glaubens- und Lebenserfahrungen, statt die Hörer in einer Du-Form anzusprechen. Dabei sind wir sehr ehrlich und berichten auch über eigene Zweifel, Krisen und Glaubenskämpfe. Das wirkt offenbar eher anziehend als abschreckend, weil es eben menschlich ist und sich die Hörer damit identifizieren können.

Am Ende steht in unserer Musik aber immer die übergeordnete Erkenntnis, dass das Leben zwar oft nicht einfach ist, aber es bei Gott immer Hoffnung auf Veränderung und die Möglichkeit zu einem Neuanfang gibt.

Beim ersten Album waren CDs noch weit verbreitet, heute wissen viele gar nicht mehr, was ein CD-Player ist – eine grosse Zeitspanne also. Wie hat sich «Freispruch» in dieser Zeit verändert?

Wir sind in erster Linie älter geworden und befinden uns in einer ganz anderen Lebensphase als damals. Inzwischen sind wir beide verheiratet, haben Kinder und einen Vollzeitjob. Zum Zeitpunkt der Entstehung des ersten Albums waren wir Anfang zwanzig, mitten im Studium und noch ohne Verantwortung für eine eigene Familie. Ein Unterschied zu damals ist sicherlich die persönliche Reife, die sich durch unterschiedliche Lebenserfahrungen entwickelt hat. Sowohl positive, schöne Dinge als auch belastende und traurige Momente. Dadurch ist auch unser Glauben reifer geworden. Die Liebe für tiefgehenden Rap und die Menschen, die dadurch erreicht werden sollen, haben wir in all den Jahren nicht verloren.

Vermutlich hört Ihr die Frage oft, doch es interessiert uns... wofür steht das Wort «Freispruch»? Ist dies geistlich zu sehen oder im rappenden Sinne gemeint?
Beides. Zum einen steht der Name für den geistlichen Freispruch, den Jesus Christus für uns durch seinen Tod am Kreuz erkämpft hat. Zum anderen drückt der Name unser Anliegen aus, dass wir in unseren Texten und auf der Bühne offen und frei sprechen wollen. Wir haben den Namen bewusst wegen seiner Doppeldeutigkeit gewählt.

Der Titel heisst «Laut und Weise», was verbirgt sich hinter dieser Wendung?
Da wir ja schon eine ganze Weile Gospelrap machen, haben wir uns gefragt, was uns von den neueren christlichen Rap-Acts unterscheidet und welchen Teil wir zum deutschen Gospelrap beitragen können, den andere vielleicht nicht abdecken. Wir glauben – ohne arrogant klingen zu wollen –, dass wir durch unser Alter und durch unsere Lebenserfahrung eine gewisse Reife und Weisheit erlangt haben, die wir mit Anfang zwanzig selber noch nicht hatten. Deshalb war für uns klar, dass ein Schwerpunkt des Albums diese eigenen Erfahrungen und die daraus resultierende Reife sein sollte. Weisheit bedeutet für uns, unter anderem, zu erkennen, dass Gott der Erfinder des Lebens ist und deshalb auch am besten weiss, wie es funktioniert. Darum ist es nur clever, wenn man seine Gebote nicht als repressive Vorschriften versteht, sondern als geniale Hilfestellung, wie unser Leben gelingen kann. Daneben gibt es auf dem Album aber noch den «lauten» Aspekt, womit ballernde Hip Hop Tracks gemeint sind, die einfach Spass machen sollen. Wir haben diese leichteren Songs bewusst eingebaut, um die Platte aufzulockern und ein abwechslungsreiches Durchhören zu ermöglichen.

Können Sie ein, zwei Songs des neuen Albums vorstellen?
Einer unserer Lieblingssongs des Albums heisst «Anders» und basiert auf dem Lied «Anders als du denkst» von Samuel Harfst. Im Original geht es darum, dass Jesus oft ganz anders ist, als wir uns vorstellen. Genau genommen ist er zwangsläufig immer unendlich viel grösser, schöner, stärker, liebevoller und so weiter als wir glauben, weil wir ihn mit unserer Vorstellungskraft nicht erfassen können. Das Original hat uns inspiriert, die Idee weiterzuführen und zwei Rap-Strophen um den Refrain zu schreiben, die aus Gottes Sicht verfasst sind. Wir waren unfassbar glücklich und dankbar, als Samuel Harfst uns sein Einverständnis gegeben hat, dass wir seine Vorlage nutzen dürfen. Sonst hätte dieser Song nicht auf dem Album erscheinen können.

In dem Song «Von der Dunkelheit ins Licht» erzählen wir beide von unserem Weg zu Gott. Benjamin hat dabei eine Vergangenheit, in der er als Jugendlicher viel Mist gebaut hat, während ich mich eher angepasst und unauffällig verhalten habe. Letztlich ist es ganz egal, ob man nach menschlichem Ermessen ein «gutes» oder «schlechtes» Leben führt. Jeder hat Erlösung nötig und braucht eine geistliche Neugeburt, um ein Kind Gottes zu werden. Gleichzeitig bedeutet es aber auch: Es gibt keine hoffnungslosen Fälle!

Was haben Menschen durch Eure Musik erlebt?
Wir haben erst vor kurzem eine sehr lange Mail von jemandem bekommen, der uns einen Einblick in seine Lebensgeschichte gegeben hat. In diesem Fall war es leider auch eine lange Leidensgeschichte mit schwerer Krankheit und vielen Rückschlägen. In dieser Zeit hat die Person regelmässig unsere Musik gehört und wurde dadurch immer wieder so berührt, dass sie weinen musste, was aber heilsam war. Unsere Texte haben dazu geführt, dass diese Person in schwierigen Lebensumständen ermutigt, aufgebaut und herausgefordert wurde. So eine Rückmeldung ist eine tolle Bestätigung, dass Gott durch unsere Musik das Leben von Menschen tatsächlich positiv beeinflusst.

Wird Apostelgeschichte heute mit Musik geschrieben?
Es gibt viele Formen, um Gottes Lifestyle hier auf der Erde zu pushen. Musik ist eine davon. Das besondere an Musik ist, dass sie bei vielen Menschen einen Zugang zum Herzen findet, wo andere Wege an ihre Grenzen stossen. Trotzdem ist es immer Gott, der die Musik gebraucht, um Menschen zu berühren. Es wäre vermessen und gleichzeitig überfordernd zu glauben, das könnten wir selber tun. «Freispruch» ist deshalb Teamwork – nur, wenn Gott mit uns und wir mit ihm zusammenarbeiten, macht unsere Musik einen Unterschied.

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Datum: 10.06.2017
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet

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