Nobelpreisträgerin Gbowee

«Für den Frieden braucht es Glauben»

An der StopArmut Konferenz vom 31. Oktober in Basel haben ganz unterschiedliche Rednerinnen und Redner zentrale Erkenntnisse auf den Punkt gebracht. Sie sind nicht nur für Entwicklungsorganisationen wegleitend.
Leymah Gbowee an der StopArmut-Konferenz 2015
Manuel Sager
Lukas Amstutz

Zugpferd unter den Referentinnen in der Gellertkirche war zweifellos die liberianische Friedensnobelpreisträgerin Leymah Gbowee, die mit ihrem Temperament und rhetorischer Fertigkeit das Plenum zu lang anhaltendem Applaus bewegte. Aber auch DEZA-Direktor Manuel Sager und der Bienenberger Theologe Lukas Amstutz hatten Wegleitendes zu sagen. Hier die Hauptaussagen:

  • Ohne Friede keine Entwicklung – ohne Entwicklung kein Friede

Krieg wirft ein Land weit zurück, aber auch umgekehrt gilt: Erst Friede ermöglicht eine Entwicklung. Dennoch kann Entwicklung beginnen und den Frieden fördern, auch wenn noch nicht das ganze Land befriedet ist. Dies betonte insbesondere auch der Leiter der Direktion für Entwicklung und Zusamenarbeit (DEZA) beim Bund, Manuel Sager. Die DEZA will in den kommenden Jahren auch die Konfliktursachen angehen. Dazu gehören insbesondere Armut und gesellschaftliche Ungerechtigkeiten. Er ist damit auf einer Linie mit Leymah Gbowee.

  • Friede kann das gemeinsame Anliegen von Christen und Muslimen sein

«Für den Frieden braucht es Glauben», sagte Leymah Gbowee noch vor der Konferenz der Basler Zeitung. Dabei meint die Christin aber nicht ausschliesslich den Glauben der Christen. Sie hat sich in ihrem Land auch mit friedensbereiten Muslimas zusammengetan und dieses Potenzial genutzt, um gegen Hass zu kämpfen und für Frieden zu werben. Sie trommelte einfach Frauen zusammen, die «den Frieden auf dem Herzen trugen». In der Friedensarbeit ist auch die Wiederherstellung von Vertrauen ein wesentlicher Punkt, wie Manuel Sager betonte. Die DEZA hat sich eine «solide Konfliktanalyse als Dauerauftrag» gegeben.

  • Frieden braucht Zukunftsperspektiven

Es hat sich gezeigt, dass Konflikte vor allem auch dort auftreten, wo Menschen, insbesondere junge Leute, keine Perspektive für ihre Zukunft sehen und daher zu einem Manipulationsobjekt von Scharfmachern und Kriegstreibern werden. Entwicklungshilfe kann im Kleinen dazu beitragen, Lebensumstände zu verbessern und dem Krieg vorzubeugen. In der Schweiz wird Entwicklungshilfe von gewissen Kreisen aber bekämpft, während sie die Augen davor verschliessen, dass unsauber erworbene Potentatengelder aus den Ländern des Südens in unseren Banken gebunkert werden. Andererseits muss von den Entwicklungsländern erwartet werden, dass sie selbst auch Voraussetzungen für die Entwicklung schaffen, zum Beispiel durch die Bekämpfung von Korruption, wie Manuel Sager anmahnte. «Gerechtigkeit und Frieden werden sich küssen», zitierte der Theologe Amstutz das Thema eines Kirchentags in seinem Vortrag über den biblischen «Schalom», einem Zentralbegriff in den biblischen Schriften.

  • Friede ist nur möglich, wenn Menschen gerecht behandelt werden

Leymah Gbowee ist eine unerschrockene Vorkämpferin gegen Diskriminierung von Menschen wegen ihrer Hautfarbe, religiösen oder ethnischen Herkunft oder sozialen Stellung. Als Afrikanerin hat sie Schikanen zum Beispiel beim amerikanischen Zoll erlebt. Und sie hat erlebt, wie schnell die Situation ändert, wenn sie sich als Friedensnobelpreisträgerin zu erkennen gibt. Auch in der Schweiz gebe es Mauern von Vorurteilen, die abzubrechen seien, meinte sie und forderte die Schweiz auf, «den Optimismus für Frieden freizusetzen».

  • Eine friedliche Welt ist nur mit einer gerechten Verteilung des Reichtums möglich

Manuel Sagers Traum ist, dass die Armut zu einem Phänomen der Geschichte wird. Stossend ist sie insbesondere dort, wo die Schere zwischen horrendem Reichtum und tiefer Armut sich so weit geöffnet hat. Instabile Verhältnisse gibt es dort, wo sich einzelne Gruppen auf Kosten von andern bereichern, wie es sich zum Beispiel bei der Ausbeutung der Bodenschätze im Kongo zeigt. Auch in der Schweiz öffnet sich bekanntlich die Schere zwischen Arm und Reich. Es dürfe nicht geschehen, dass die guten Menschen im Abseits bleiben, bis die Bösen die Macht übernehmen, mahnte Leymah Gbowee.

  • Jeden Tag eine Handlung tun, die Frieden fördert

Zur persönlichen Sensibilisierung für das Thema forderte Leymah Gbowee die Zuhörenden auf, jeden Tag eine Handlung zu tun, die Frieden fördert – in Anlehnung an Theodore Roosevelt, der dazu aufforderte: «... tue jeden Tag etwas Gutes, das die Welt verändert.» Denn jeder könne an seinem Ort «eine Kultur des Friedens» fördern. Zum Beispiel, indem wir einander mit Würde behandeln. Dazu seien auch die Schweizer insbesondere vor der Flüchtlingskrise herausgefordert, bemerkte Leymah Gbowee. Hier dürfen wir Jesus zu Vorbild nehmen, der sich um arme und reiche Menschen am gesellschaftlichen Rand wie Zachäus gekümmert hat, wie Lukas Amstutz anmerkte.

Datum: 09.11.2015
Autor: Fritz Imhof
Quelle: Livenet

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