Interview

“Wir könnten es noch viel öfter machen”

Die reformierte Kirchengemeinde Jegenstorf, eine ländliche Gemeinde mit Vorstadtcharakter bei Bern, führt in einem Bezirk (5.000 Gemeindeglieder) intensiv Willow-Creek-Konzepte durch. Wie hat die traditionelle Gemeinde auf WillowCreek reagiert? Eckhard Nickig befragte Pfarrer Iwan Schulthess. Welche Elemente von WillowCreek praktizieren Sie in Ihrer Gemeinde?
Pfarrer Iwan Schulthess

Schulthess: Wir führen seit etwa drei Jahren 15mal im Jahr einen Offenen Gottesdienst als Hauptgottesdienst durch, mit moderner Musik, Theater, Tanz und Interviews und natürlich Predigt. Dieser wird von 200-300 Menschen besucht. Darüber hinaus setzen wir die Prinzipien von Leiterschaft und Jüngerschaft in den Kleingruppen um. Die Sonntagsschule haben wir in eine neue Form gefasst: mit Spielstrasse, Plenum und Kleingruppen.

Wie hat die Gemeinde auf die Neuerungen reagiert?
Schulthess: Wir sind behutsam vorgegangen und haben die Zahl der Offenen Gottesdienste langsam gesteigert. Die traditionelle Gemeinde hat erfreut wahrgenommen, dass zu diesen Gottesdiensten viele neue Besucher kamen, vor allem Familien. Einige Gemeindemitglieder haben sich auch enttäuscht abgewandt, etwa, weil statt der Orgel eine Band spielte. Sie suchen sich an diesen Sonntagen einen anderen Gottesdienst oder bleiben zu Hause.

Das Willow-Konzept zielt ja auf Kirchendistanzierte. Haben Sie die denn auch erreicht?
Schulthess: In der ersten Phase kamen vor allem kirchendistanzierte Christen in die Offenen Gottesdienste. Diese fühlen sich eigentlich der Landeskirche zugehörig, konnten aber mit dem herkömmlichen Angebot nichts anfangen. Sie sagten: Eigentlich haben wir auf einen solchen Gottesdienst gewartet. Sie kommen teilweise 30 bis 40 Kilometer weit gefahren. Unser Ziel ist es aber auch, Nichtchristen aus unserem Gemeindebezirk zu erreichen. Gemeindemitglieder sollten ihre Nachbarn und Freunde in den Gottesdienst einladen. Wir erleben jetzt, dass auch Nichtchristen verstärkt angesprochen werden und sich auch bekehren.

Wird Willow Creek stärker Kreise in landeskirchlichen Gemeinden ziehen?
Schulthess: Das Konzept von Willow Creek hat eine grosse Nähe zur Landeskirche. Es ist nicht extrem charismatisch und spricht die breite Schicht der “Taufscheinchristen” am ehesten an. Darum besteht bei vielen evangelikal orientierten landeskirchlichen Pfarrern ein grosses Bedürfnis nach solchen missionarischen Konzepten. Ihr Problem ist oft: Wo sind die Mitarbeiter dafür?

Sind 15 Willow-Creek-Gottesdienste im Jahr in einer Gemeinde nicht zuviel?
Schulthess: Von der Nachfrage her könnten wir es auch öfter machen. Aber die offenen Gottesdienste sind sehr aufwendig. Für jeden ist eine Gruppe von mindestens 25 ehrenamtlichen Mitarbeitern im Einsatz. Mehr ist nur bei einer Vergrösserung des Mitarbeiterkreises möglich.

Datum: 20.11.2002
Autor: Eckhard Nickig
Quelle: idea Deutschland

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