KMU-Unternehmer und Christ:

«Die Erbschaftssteuer entlastet die Unternehmen»

Markus Wenger gehört zu den wenigen, den eine Erbschaftssteuer direkt betreffen könnte. Dennoch sagt er überzeugt Ja zur Erbschaftssteuer – als Christ und Unternehmer. Zugleich wundert sich Wenger über die staatsfeindliche Ideologie der Gegner.
Markus Wenger
Markus Wenger

Markus Wenger, die Erbschaftssteuer gilt als unternehmensfeindlich. Warum sind Sie trotzdem für die Initiative?
Die Erbschaftssteuer ist nicht unternehmensfeindlich. Wenn ein Familienunternehmen weitergeführt wird, fällt für die Firma keine Steuer an. Der Freibetrag von fünfzig Millionen Franken, den die Initianten vorschlagen, ist weit über dem, was KMU wert sind. Ich zumindest kenne keine Firma im Kanton Bern, die betroffen wäre.

Dann wären auch Sie gar nicht von der Steuer betroffen?
Nur, wenn die nächste Generation die Firma nicht übernimmt. Dann müsste ich verkaufen. Der steuerfreie Vermögensgewinn der Wenger Fenster AG dürfte bei etwa sechs Millionen Franken liegen. Dass darauf für meine Erben eine Steuer anfallen würde, finde ich angebracht. Sie bekommen ein grosses Geschenk und tragen ja nicht mehr die Verantwortung für das Unternehmen.

Belastet die Steuer die kleinen und mittleren Unternehmen wirklich überhaupt nicht?
Das Gegenteil ist der Fall: Es entlastet sie! Sehen Sie, die Lohnnebenkosten in der Schweiz sind sehr hoch, das verschafft uns im Vergleich zum Ausland einen Wettbewerbsnachteil. Eines der Hauptprobleme in unserem Land ist die Altersstruktur: Die AHV muss für immer mehr alte Menschen aufkommen. Dafür zahlen Unternehmen Lohnprozente, die früher oder später erhöht werden müssen. Das könnte die Erbschaftssteuer verhindern. 

Ein weiteres Argument der Gegner besagt, dass die Initiative familienfeindlich sei. Fühlen Sie sich manchmal als Nestbeschmutzer christlicher Werte?
Ganz und gar nicht. Auch aus christlich-ethischer Sicht stehe ich voll und ganz hinter der Initiative. Ich finde es richtig, wenn die wenigen sehr vermögenden Familien, die von der Initiative betroffen sind, einen Teil ihres Reichtums für die AHV oder für wichtige Aufgaben der Kantone abgeben. Wer in der Schweiz zu Vermögen kommt, profitiert von guten Rahmenbedingungen: Die Gesellschaft funktioniert, Werte wie Zuverlässigkeit und Ehrlichkeit werden von allen Arbeitnehmenden bis hin zur einfachen Sachbearbeiterin gepflegt. Deshalb sollen auch alle etwas von diesem Reichtum zurückbekommen.

Wie erklären Sie sich, dass christliche Unternehmervertreter wie Hans-Ulrich Bigler vom Gewerbeverband oder Ansgar Gmür vom Hauseigentümerverband die Erbschaftssteuer teils heftig bekämpfen?
Ich gehe unbeirrt auf Gegner der Vorlage zu, vorurteilsfrei und ohne Gehässigkeiten. Aber mir scheint schon, dass die Gegner sehr ideologisch argumentieren: Neue Steuern sind einfach immer schlecht, der Staat ist ein Feind. Auch ich kritisiere den Staat manchmal und finde, dass einiges nicht effizient ist. Und dennoch muss man fair bleiben: Die Leistungen unseres Staates sind im Vergleich zum Ausland top. Davon profitieren dann gerne auch jene wieder, die gegen den Staat schimpfen, wenn ihre Grossmutter im Altersheim ist und finanziell unterstützt wird.

Markus Wenger (58) leitet das Familienunternehmen Wenger Fenster AG in Wimmis mit 135 Angestellten. Es produziert jährlich rund 14'000 Fenster und beliefert damit Kunden im In- und Ausland. Markus Wenger ist Berner Grossrat für die EVP und steht dem KMU-Netzwerk der Partei vor. Der Vater dreier erwachsener Kinder engagiert sich im Kirchgemeinderat der reformierten Kirche Spiez.

Zur Webseite:
Erbschaftssteuerreform

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Datum: 30.05.2015
Autor: Remo Wiegand
Quelle: Livenet / ChristNet

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