Aussenseiter findet seinen Weg

Toby Meyer: «In Gott fand ich ungeahnte Freiheit»

Ungeplant und unpassend geboren, fühlte sich Toby Meyer schuldig, dass er existierte. Dennoch erhielt er die Kraft, durchzustehen. Heute ist der Musiker mit seinen Werken ein Hoffnungsträger für viele geworden. Livenet unterhielt sich mit Toby Meyer.
Toby Meyer
Toby Meyer

Livenet: Toby Meyer, Sie bezeichnen die aktuelle Tour als sehr persönlich. Weshalb?
Toby Meyer: Ich führe meine eigene Lebensgeschichte in Form eines Konzerts auf. Ich nehme das Publikum mit auf eine sehr tiefgründige Reise, durch die Täler meiner inneren Gefangenheit, und lasse sie nachvollziehen und nachempfinden, was es konkret heisst, in der Freiheit von Jesus zu leben. Mein Ziel ist es, Menschen zu inspirieren und zu ermutigen, Jesus als Befreier und Erlöser auch im Alltag anzunehmen.

Der Start ins Leben war schwierig – was ist geschehen?
Ich bin ungeplant und sehr unpassend geboren. Da war Angst und Depression in der Familie und ich fühlte mich schuldig, dass ich existiere.

Wie hat sich das auf Ihr Leben ausgewirkt?
Ich hatte immer das Gefühl, ich müsse mich entschuldigen, dass ich da bin. So habe ich mich selber eingekapselt und war jahrzehntelang gefangen in mir selbst. Zugleich war meine eigene Welt, die ich in mir entwickelte, ein Ort, an dem ich  von einer besseren Welt träumen konnte. Aber nach aussen war ich total unscheinbar und traute mich nicht, sie anderen zu zeigen. Ich stand im Schatten und fühlte mich entsprechend in der ganzen Schul- und Ausbildungszeit als belächelter Aussenseiter.

Schon früh merkte ich, dass ich mit Musik meine riesige innere Welt viel besser ausdrücken kann – mit dem Reden hatte ich keine Chance, ich konnte mich kaum in Worte ausdrücken. Aber mit 20 Jahren machte ich mich als Musiker selbstständig und begann mit einer unbändigen Energie, mich zu entwickeln, meinen Traum zu leben, Gottes Plan und meine Vision herauszufinden. Auch persönlich habe ich sehr vieles aufgearbeitet und bin aus erstickenden Familienmustern und engen persönlichen Rollen ausgebrochen, was mich ein Burnout gekostet hatte. Es gab sogar auch Zeiten, wo ich mich verloren habe bei der Jagd nach der grossen Freiheit und Glück in der Berufung, und ich in eine andere Art Gefangenheit geriet.

Sie haben das Leben nicht aufgegeben – wie ist es Ihnen gelungen, dranzubleiben?
Meine Eltern sagten mal, als ich klein war, dass Gott wollte, dass ich auf die Welt komme. Dieser Satz wurde mir so sehr wichtig und ich habe mich mit Gott und seinem Plan für mein Leben identifiziert – das gab mir die Kraft, um die Schul- und Ausbildungsjahre durchzustehen.

Wie sind Sie Christ geworden?
Ich wuchs in einem christlichen Elternhaus auf. Mit acht Jahren habe ich – nach einem Jesus-Film – dann offiziell mein Leben Jesus übergeben. Bei Gott habe ich mich immer angenommen gefühlt, aber bei den Menschen nicht.
 
Sie erzählen Ihre Lebensgeschichte in den Songs der Tour. Können Sie ein, zwei Songs etwas näher vorstellen?
Ja, meine Songs geben einen grösseren Teil des Inhalts und vor allem auch die Emotionen wieder. Der Song «Läb dini Träum»: Hier singe ich aus der Jugendzeit, wo ich kaum wagte, so gross  über mich zu denken, wie ich es eigentlich spürte. Der Ruf, den ich verspürte, war so weit entfernt von dem, was ich über mich selbst gedacht habe. Mein Selbstbild war so klein und doch hatte ich zugleich grosse Visionen. Da musste ich ein paar mal professionelle Hilfe in Anspruch nehmen. Es brauchte eine zweijahrzehntelange Reise, wo ich einen Schritt nach dem anderen in diese Richtung machte und so Schritt um Schritt freier wurde von meiner Enge.

Im Refrain singe ich über das, was ich vom Himmel her gespürt habe: «Läb dini Träum, und träum nid nur dis Läbe, du chasch mir vertraue, dini Träum sind nid vergäbe…» Diese innere Gewissheit, dass es richtig ist, meine Träume zu leben, gab mir den Mut, immer weiter zu gehen. Das Dranbleiben und mit Jesus immer wieder Schritte ins Wasser zu wagen, erweiterte ständig meine Grenzen und es war so aufregend und wertvoll, die Welt der Freiheit mit ihm zusammen auszukundschaften! Auch, wenn ich ihm dann mal nicht mehr so vertraute und ich mich alleine auf der Suche nach Freiheit verloren habe, hat er mich wieder eingeholt.

In einem weiteren Song singe ich im Refrain:
Du ziehsch mich höch, wiit über mini Wolke
Du ziehsch mich höch, um d'Sunne wieder z'gseh
Wiene Adler wo stiigt, flüüg ich mit dir im Wind vo de Freiheit
Du ziehsch mich höch, wiit über das was ich bi.

Mit diesem Schluss-Bouquet bringe ich mein Konzert «Mini Gschicht mit Gott» auf den Punkt und wünsche den Zuhörern, dass sie beflügelt und inspiriert in den Alltag zurückgehen können.

Was ist Ihr Herzensanliegen?
Es gab einen bestimmten Wendepunkt in meinem Leben, wo ich all das eigenhändige Streben nach Freiheit und Glück aufgegeben habe, nachdem ich jahrelang eine unheimliche Spannung in mir hatte, die sich unauffällig und allmählich aufgebaut hatte. Ich habe den Stab meines Lebens Gott neu übergeben und habe mein Leben nicht mehr selber in der Hand gehalten. Ich lass die Zukunft auf mich zukommen, so wie Gott will, und ich lebe und jage ihr nicht mehr nach. Seitdem habe ich nach langem wieder einen tiefen Frieden in meinem Herzen. Das ist wahre Freiheit. Von dieser singe ich und möchte Menschen mit meiner Geschichte auf einer Ebene berühren, die die fassbare, irdische übersteigt.

Was empfehlen Sie Menschen, die das Gleiche wie Sie erlebt haben?
Ich kann gut nachvollziehen, dass Menschen, die mal in so einem engen Ding drin waren, nur noch nach Freiheit streben. Mit Gottes Liebe, Vergebung, Heilung, Aufarbeitung und Entwicklungsarbeit an der Persönlichkeit kann das auf verschiedenen Ebenen erreicht werden. Aber es ist dann auch eine Herausforderung, mit dieser neuen Welt der Freiheit umzugehen. Es ist sehr verlockend. Es gibt so viele Möglichkeiten, sich noch mehr Freiheit zu schaffen, angeblich durch Ruhm, Anerkennung, Ansehen, Grösse und so weiter. Solches Streben kann schnell zu Götzendienst werden, wo man in neue Gefangenheit gerät.

Deswegen ist es mir ein Anliegen, dass Gott stets im Mittelpunkt bleibt, damit ich immer frei sein kann. Wie ein Planet, der um die Sonne fliegt – so kann ich nur dann frei fliegen, wenn ich mich um Gott drehe, das heisst, wenn ich Gott verherrliche. Sobald es nur um mich geht und ich mich um mich selbst drehe, dann fühle ich mich wieder gefangen; davon handelt übrigens ein weiterer Song von mir, in welchem es heisst: «Ich fliege frei wie ein Planet um die Sonne».

 

Webseite:
Tourdaten von Toby Meyer

Zum Thema:
Samuel Harfst: Ich bin ganz einfach Musiker und Christ
Gotthelf des 21. Jahrhunderts? Theologe sorgt als Musiker für Furore
Leidenschaft für Musik: Christen mischen bei «The Voice of Switzerland» kräftig mit

Datum: 11.04.2017
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet

Werbung
Livenet Service
Werbung