Nein, die Zeiten, in denen Katholizismus und Kommunismus vor Ort im Dauer-Krach lagen, wie damals nach dem Krieg, die seien endgültig vorbei, sagt der dynamische Priester. Die Erinnerung an den gewitzten Kirchenmann Don Camillo und den kommunistischen Bürgermeister Peppone hält Breschello auch 50 Jahre nach dem Filmstart an jeder Ecke wach. Der Piazza Matteotti etwa verdankt das Städtchen seinen Eintritt in die Kinogeschichte. Denn hier fand der Autor Giovanni Guareschi genau die lokalen Verhältnisse des namenlosen Dorfes aus seiner Romanvorlage vor: ein zweigeteilter Platz mit Rathaus und Kirche, die schräg gegenüberliegen und sich wie aus den Augenwinkeln ansehen. Anfangs sträubten sich die Genossen und wollten "ihr" Brescello nicht für einen in ihren Augen möglicherweise anti-kommunistischen Propagandafilm hergeben. Aber letztlich konnten sie den finanziellen Verlockungen des Produzenten Rizzoli aus Rom nicht widerstehen und starteten sogar einen Aufruf an die Bevölkerung: "Meldet euch als Komparsen!" Wie Hunderte anderer liess sich auch der heute 77-jährige Guerrino Zanazzi nicht lange bitten. Schliesslich war ein Tagessatz von 10.000 Lire in der Nachkriegszeit ungewöhnlich hoch. Ausserdem fanden die Leute es aufregend, Seite an Seite mit Kinostars wie Fernandel als Camillo und Gino Cervi als Peppone zu stehen. Cervi liebten alle, erinnert sich Zanazzi. Der kam aus Bologna, war einer von ihnen und übernachtete während der Dreharbeiten in Brescello. "Der Franzose Fernandel war distanzierter. Er liess sich jeden Abend mit einem schwarzen Cadillac am Set abholen und in eine Hotel-Suite nach Parma bringen." Manchmal nahmen die Komparsen den Film ein bisschen zu ernst und liessen Schlägerei-Szenen in handfeste Prügeleien ausarten. Don Camillo und Peppone waren einander in inniger Hass-Liebe zugetan. Der dörfliche Kleinkrieg zwischen Kirche und Kommunismus war ihr Lebenselexier. Ohne einander konnten sie nicht, und am Ende siegte immer die Menschlichkeit. Das war das Rezept ihres Erfolges, das sie zu Zeiten des Kalten Krieges schnell zu Publikumslieblingen in aller Welt machte. Rund 40.000 Besucher zieht es jährlich nach Brescello. Ihnen zeigen die Ex-Komparsen bereitwillig das Haus von Peppone oder die Glocke Gertrude, die die Leinwand-Kommunisten respektlos in "Sputnik" umtauften. Sie führen die Touristen zum Fussballfeld in der Nähe des Flusses, wo die legendäre Partie Rot gegen Schwarz stattfand und oder an die Stelle am Po, die Ziel der Prozession mit Christus-Figur war. Zur Erholung gibt es an der Piazza wahlweise einen Cappucino im Cafè Don Camillo oder ein Gläschen Grappa in der Bar Peppone gegenüber. Das "Museo di Don Camillo e Peppone" entstand 1989 aus einer Privatinitiative in einem ehemaligen Kloster. Dank des Einsatzes der ehrenamtlichen Mitarbeiter sind dort Schwarzweiss-Fotos von den Dreharbeiten, Filmplakate und Zeitungsausschnitte zu sehen. Daneben Hinweise auf die eher blasse Neuverfilmung mit Terence Hill von 1983. Vor allem aber Original-Requisiten: die Soutane des Geistlichen und sein schwarzes Damenrad sowie Peppones Hammer-und-Sichel-Flagge. Vor der Tür stehen eine Dampflock und ein Panzer mit Sowjetstern aus dem Film "Genosse Peppone". Der "sprechende Christus" aber, dieses eigens für den Film aus leichtem Holz lebensgross gefertigte Kruzifix, hängt jetzt drüben in Don Camillos Kirche. Die ehemalige Requisite wurde nachträglich geweiht und in einer Seitenkapelle platziert. Und obwohl der heutige Pfarrer Mandelli den Don Camillo-Kult für "ein bisschen übetrieben" hält - mit der Jesusfigur aus Holz redet auch er jeden Tag.Hunderte von Komparsen
Hass-Liebe
Ein Museum
Datum: 25.10.2002
Quelle: Kipa