Neues Buch von Michael Herbst

Lebendig und mündig – Christsein mit Potenzial

Glaube macht mündig, frei, entscheidungsstark und urteilsfähig, nicht ängstlich, zögerlich oder fremdgesteuert. Solch ein Christsein schwebt dem evangelischen Theologen Michael Herbst vor. Und in seinem neuen Buch «Lebendig! Vom Geheimnis mündigen Christseins» entwickelt er seinen Traum von Christen, die nicht nur zum Glauben kommen, sondern als Glaubende erwachsen werden.
Der Theologe Michael Herbst (Bild: landeskirchenforum.ch)
Buchcover «Lebendig! Vom Geheimnis mündigen Christseins»

Es heisst: «Ein guter Evangelist lässt ruhige Menschen unruhig werden. Ein guter Lehrer aber schenkt unruhigen Menschen Ruhe.» Michael Herbst (62) ist solch ein guter Lehrer. Der Theologieprofessor findet für sein Buch eine einfache Sprache. Und doch ist das, was er schreibt nicht alltäglich. Humorvoll, engagiert und voll seelsorgerlicher Wärme fordert er seine Leser heraus, ihren Glauben zu hinterfragen, zu feiern, neu zu denken und zu leben.

Worum geht es – und für wen?

Herbst schlägt einen grossen Bogen mit seinen Themen. Er legt die Grundlage, indem er das Wesen von Gottes Gnade beschreibt. Er zeigt auf, wie Veränderung im Leben möglich ist. Und er erklärt praktisch, wie man durch geistliche Übungen (ja, auch Beten!) mündiges Christsein einüben kann. Im Praxisteil kommen besonders Alltagsthemen vor, von Zeitplanung über Sex bis zum Geld – und auch der Umgang mit Versagen, Schwäche und unerhörten Gebeten. Diese Themen sind nichts Neues im christlichen Blätterwald, doch Michael Herbst schafft es, sie in einem Klima von liebevoller Herausforderung an den Mann und die Frau zu bringen.

Das Buch eignet sich hervorragend für jeden, der im Glauben wachsen möchte. Die einfache Sprache und die Basisthemen darin sollten aber «gestandene» Christen nicht davon abhalten. Im Gegenteil. Gerade sie werden hier eine Fülle tiefer Gedanken und guter Anregungen finden. Und wer gerade seinen Glauben insgesamt hinterfragt, findet sich in guter Gesellschaft, denn «man verliert nicht den Glauben, aber er hört auf dem Leben Form zu geben». So zitiert Michael Herbst Georges Bernanos, um weiter zu fragen: «Was kann geschehen, um das zu verhindern?» (Seite 7).

Angeregt, aber nicht vorgekaut

Noch ein Punkt, durch den sich das Buch auszeichnet: es ist weder zu theoretisch noch zu praktisch. Wenn Herbst über Veränderung schreibt, bietet er theologisches «Schwarzbrot» (Seite 56) und bleibt doch leicht verständlich, als er davon erzählt, wie das Bild von Jesus uns verändert. Genau: Nicht wir verändern uns in sein Bild, sondern er gewinnt in uns Gestalt. Aber er wird auch nicht zu praktisch. Seine Beispiele sind aus dem Leben gegriffen, aber nie münden sie in einem platten: «deshalb musst du jetzt genau folgendes tun …». Herbst lässt seinem Leser Raum für eigene Gedanken. Er fordert sie geradezu. So schliesst kein Kapitel mit vorgekauten – Entschuldigung: vorformulierten – Fragen für die direkte Umsetzung im Hauskreis. Wahrscheinlich wählt er diese Form, weil er selbst als Jugendlicher an Bonhoeffers herausfordernden und provozierenden Texten gewachsen ist. Selbst zu denken ist für Michael Herbst ein Wesensmerkmal vitaler Christen und ihrer Gemeinden.

Annehmend, aber nicht stillstehend

Man spürt dem Buch auch die seelsorgerliche Seite des Autors ab. Bei allem klaren Formulieren nimmt er sich Zeit, Fragen, Zweifeln und Versagen zu begegnen. Sein Zuspruch zieht sich durch das gesamte Buch, doch ohne gedankenloses Schulterklopfen. Das wird zum Beispiel deutlich, wenn Herbst ab Seite 79 über das Wachsen im Glauben schreibt. Der mancherorts verbreiteten kirchlichen Grundhaltung: «Es ist okay, wie du bist. Und es ist auch okay, wenn du so bleibst, wie du bist», hält er klar entgegen: «Ich sehe das nicht so. Ich glaube, es ist völlig normal zu wachsen. Gesundes Leben wächst. Das Verhältnis zu Jesus ist ein Verhältnis, das uns in jeder Hinsicht verändert, verwandelt, zum Besseren hin wachsen lässt. Die Gemeinde ist ein Ort des Wachstums und nicht des Stillstands.»

So, wie Herbst das Thema anpackt, entstehen allerdings keine Minderwertigkeitsgefühle. Eher die Sehnsucht, selbst zu wachsen. Und er zeigt Phasen, in denen sich dieses Wachstum ereignet: die Startphase als Punkt, von dem wir herkommen, die Regelphase als Zeit der Spielregeln und Überzeugungen, die Störphase, die von Zweifeln und wachsendem Tiefgang bestimmt wird, und die Anbetungsphase, in der wir jenseits von Formeln und Erfolgen neues Vertrauen in Gott gewinnen. Allerdings liegen diese Zustände nicht linear hintereinander. Wir kommen nicht an den Punkt, wo wir es geschafft haben. In unseren unterschiedlichen Lebensbereichen befinden wir uns in unterschiedlichen Phasen, «doch Gott ist mit uns in jeder dieser Phasen, das ist unsere Hoffnung» (Seite 87).

Wer das Buch (nicht) kaufen sollte

Wer einfach nur Fragen formuliert sehen will, aber keine Antworten darauf, der ist mit «Lebendig!» schlecht bedient. Denn das Buch bietet viele Antworten, ohne dabei alles zu klären. Wer einfach nur Bestätigung dafür sucht, dass sein Leben schon in die richtige Richtung läuft, sollte das Buch ebenfalls auslassen. Wer aber gute Anregungen sucht, um im Glauben zu wachsen, wer dabei gerne mit- und neu denken möchte, und wer Ermutigung braucht auf seinem Weg der Nachfolge von Jesus, der findet in «Lebendig!» einen guten Begleiter.

Michael Herbst war Gemeindepfarrer und Krankenhausseelsorger, er ist Professor für Praktische Theologie in Greifswald und leitet das Institut zur Erforschung von Evangelisation und Gemeindeentwicklung. Der gefragte Redner engagiert sich unter anderem in der Gemeindearbeit GreifBar in Greifswald und auch bei Willow Creek (zum Beispiel dem Leitungskongress im Februar 2018). Herbst ist verheiratet, hat vier Kinder und sieben Enkel.

Michael Herbst: Lebendig! Vom Geheimnis mündigen Christseins, SCM Hänssler, 288 Seiten, ISBN 978-3-7751-5850-3, 26,90 CHF.

Zum Thema:
Willow-Creek-Kongress: Michael Herbst: «Barmherzigkeit macht andere stark»
«Neuländisch»: Mit «Boppi» unentdecktes Land betreten...
Neues Buch von Felix Schmid: «Das haut mich um!»

Datum: 12.01.2018
Autor: Hauke Burgarth
Quelle: Livenet

Publireportage
Werbung
Livenet Service
Werbung