Wo die Studenten eine Heimat finden

«Studierende suchen eine Heimat, einen Ort der Gemeinschaft und der Zugehörigkeit. Im Rahmen einer Gemeinschaft sind sie am ehesten bereit, Schritte im Glauben zu wagen», erklärt Urs Wolf. Er ist seit 1986 aktiv in der Studentenbewegung und gründete vor bald neun Jahren die Studentengemeinde «Campus live» in Zürich.
Gottesdienst von «Campus live»: 40 Studierende und junge Berufsleute treffen sich alle zwei Wochen in Zürich.

Urs Wolf übernahm nach Abschluss seines Chemiestudiums 1986 die Leitung der Studentenbewegung von Campus für Christus in Zürich von Pfarrer Urs Schmid. Bis 1990 stiessen diese Angebote an der Universität und an der ETH auf reges Interesse. Studierende trafen sich in 40 Kleingruppen zum Austausch über Bibeltexte. An einem Abend unter der Woche versammelten sich bis 250 Personen zu den Gottesdiensten für Studierende.

Zahlen schrumpften

«Doch in den 1990er-Jahren änderte sich die Kultur», berichtet Urs Wolf. In der Postmoderne zähle nicht länger eine einzige Wahrheit, es scheine viele Wahrheiten zu geben. Die als absolut dargestellten Werte würden kritisch geprüft. Die Frage heisse nicht länger: «Was ist die Wahrheit?», sondern vielmehr: «Wie kann ich profitieren?» Studierende wollten keine Dogmen hören, sondern Antworten erhalten auf ihr Bedürfnis nach Liebe, nach Erfahrungen, nach einer eigenen Identität und Persönlichkeit. Interessierte wünschen, persönliche Erlebnisse zu hören und in das Leben von Christen hineinzuschauen, um zu prüfen, ob das Evangelium für sie passe. Diese neue Situation liess die Teilnehmerzahlen in der Studentenbewegung in Zürich auf ein Dutzend Aktive schrumpfen.

Wie weiter?

Gemäss Urs Wolf zeigten Umfragen unter Studierenden in Zürich: Sie fühlen sich oft zerrissen zwischen ihrem Wohnort, ihrer Kirche und dem Studium an der Uni in einer fremden Stadt. Sie suchen eine Heimat, Beziehungen, Freunde und Gemeinschaft. Viele bekundeten, sie hätten am Sonntag eher Zeit, um eine Veranstaltung zu besuchen, als unter der Woche. So gründeten Urs Wolf und seine Mitarbeiterin Caroline Matthies im März 2001 «Campus live» als Gemeinde für Studierende an der ETH und der Universität. Aktuell besuchen 40 Studierende alle zwei Wochen am Sonntagmorgen den Live-Gottesdienst. «Das Umfeld der Hochschule bringt es mit sich, dass diese Gemeinde wie ein Durchlauferhitzer funktioniert: Studierende zählen sich drei bis sechs Jahre dazu und ziehen aufgrund beruflicher Anforderungen später weiter», erklärt Urs Wolf.

Beziehungen wurden wichtiger

Laut Caroline Matthies, welche «Campus live» seit April 2009 leitet, hiess das Motto früher «believe - belong», also zuerst glauben und sich danach einer Gruppe von Christen anschliessen. Heute wolle jemand zuerst dazugehören und setze sich später mit Glaubensfragen auseinander. «Neue Studierende kommen mit Freunden oder Bekannten vorbei, weil sie Beziehungen und Gemeinschaft suchen», so Matthies. «Sie sind dabei, verfolgen das Geschehen, trinken Kaffee am Schluss und geniessen das Zusammensein. Sie erfahren Annahme, Respekt und Wertschätzung.»

Verbindliche Kleingruppen

Wer sich für den christlichen Glauben interessiere, könne einen LiFe- oder einen Alphalive-Kurs besuchen. Wer sich mit dem Glauben auseinandersetzen will, kann einer Kleingruppe, einer sogenannten Houselive-Gruppe, beitreten. In diesen Gruppen treffen sich Studierende wöchentlich, kochen und essen gemeinsam. Bei Diskussionen über Glaubensfragen sowie Gebet und Singen verbringen sie den weiteren Abend.

Neue erhalten Begleitung

«Der Jüngerschafts-Gedanke ist uns wichtig», sagt Urs Wolf, der heute als Bereichsleiter mehrere Arbeiten an Universitäten verantwortet. «Bereits nach zwei bis drei Wochen können neue Besucher mithelfen und sei es nur am Empfang oder bei der Vorbereitung des Essens.» Jede Person, die zum Glauben finde, erhalte eine Studentin oder einen Studenten zur Seite, der sie begleite auf dem Weg des Glaubens.

Gemeinden gründen

Aufgrund der guten Erfahrungen soll das Zürcher Modell von «Campus live» Schule machen: Urs Wolf und Caroline Matthies wünschen sich Gemeinden für Studierende an weiteren Universitäten in der Schweiz. «Dies wäre eine Chance für Persönlichkeiten mit einem Herz für Gemeindegründung: An den Universitäten macht sonst niemand so etwas.» Sie könnten unterstützt durch erfahrende Personen aus Zürich neue Studentengemeinden gründen.

Datum: 10.02.2010
Quelle: ideaSpektrum Schweiz

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