Australien: Christen fordern menschliche Asylpolitik

Proteste vor Internierungslager in Australien.

Canberra. Australische Christen haben den Umgang der australischen Regierung mit Asylbewerbern als "unmenschlich" kritisiert. Flüchtlingen würden durch die gegenwärtige Politik Gerechtigkeit und Mitgefühl verweigert, heisst es in einem in Canberra veröffentlichten Papier des Verbandes anglikanischer und katholischer Orden und Institutionen. Die "Australian Conference of Leaders of Religious Groups" kritisierte, die Betroffenen seien "unnötigen Härten" ausgesetzt. Zur Entpolitisierung der Diskussion über den Umgang mit Flüchtlingen solle ein regierungsunabhängiger Flüchtlingskommissar eingesetzt werden, forderte der Verband.

Nach einem Wahlkampf, der von der Debatte über Asylfragen bestimmt war, wurde im die Regierung von Premierminister John Howard wieder gewählt. In weiten Teilen des Jahres konzentrierte sich die öffentliche Diskussion auf konträre Standpunkte bezüglich der Rechte von Flüchtlingen. Die Regierung verteidigte sich gegen massive internationale Kritik an ihrer Flüchtlingspolitik, indem sie erklärte, dass Australien solche Flüchtlinge bevorzugt behandeln wolle, die in anderen Ländern auf ihre Umsiedlung warteten. Dennoch erhöhte man die Zahl der jährlich aufgenommenen Flüchtlinge aus dieser Gruppe nicht und verweigerte Flüchtlingen, die auf die Umsiedlung aus Indonesien warteten, die Einreise nach Australien.

Todesfälle in Haft

Aborigines wurden nach wie vor unverhältnismässig häufig strafrechtlich verfolgt, obwohl eine Königliche Kommission zur Untersuchung von Todesfällen inhaftierter Aborigines bereits 1991 empfohlen hatte, die Überrepräsentation indigener Personen in Gefängnissen und in Polizeihaft zu verringern. Im April berichtete das Australische Institut für Kriminologie, dass in den letzten 20 Jahren für indigene Bürger im Vergleich zu anderen Australiern ein sieben- bis 22-mal so hohes Risiko bestanden hat, in Haft oder bei Polizeieinsätzen ums Leben zu kommen.

Asylsuchende

Letztes Jahr begann die Regierung eine neue Strategie zu entwickeln, um Personen, die ohne gültige Reisedokumente per Boot eintreffen, daran zu hindern, auf dem australischen Festland um Asyl nachzusuchen. Kriegsschiffe und Eliteeinheiten machten es so genannten »Bootsflüchtlingen« unmöglich, das Festland zu erreichen.

Das Militär zwang etwa 600 Asylsuchende, australische Hoheitsgewässer zu verlassen. Mindestens 356 andere, darunter 70 Kinder, ertranken, nachdem ihr leck geschlagenes Boot auf der Fahrt von Indonesien nach Australien gesunken war. Manche von ihnen hatten nahe Verwandte unter den Flüchtlingen, die sich bereits in Australien aufhielten, während andere monatelang gewartet hatten, um in ein anderes Land umgesiedelt zu werden, nachdem sie vom UNHCR als Flüchtlinge anerkannt worden waren. Ahmed al-Zalime, ein in Australien lebender Flüchtling, dessen drei Töchter bei dem Unfall ertrunken waren, konnte seine gerettete Frau nicht in Indonesien besuchen, da die befristeten australischen Flüchtlingsvisa nach einer Überseereise die Wiedereinreise verbieten. Ein zweiter Flüchtling konnte aus demselben Grund die Leiche seiner Frau nicht aus Indonesien überführen.

Haftbedingungen

Das ganze Jahr hindurch kam es in australischen Haftzentren für Einwanderer zu Protesten und Unruhen. Im Oktober brachte der in Westaustralien für das Haftwesen zuständige Inspektor diese Unruhen mit den Bedingungen der Unterbringung in Verbindung. Er nannte unter anderem die nicht hinnehmbare Überfüllung, eine »himmelschreiend unzulängliche« medizinische Versorgung sowie mangelhafte Verantwortlichkeit des Aufsichtspersonals.

Im November initiierte die Menschenrechtskommission eine landesweite Erhebung über die Lage von fast 600 Kindern, die als Asylsuchende in Australien in Gewahrsam gehalten wurden. Manche von ihnen waren bereits seit drei Jahren interniert. Im Dezember kritisierte die Kommission die Haftbedingungen für Asylsuchende auf der Weihnachtsinsel, wo sie festgestellt hatte, dass man Frauen und Kinder ohne jegliche Trennung von allein stehenden Männern und praktisch ohne jeden Kontakt zur Aussenwelt in einer überfüllten Sporthalle gefangen hielt. Sie durften weder telefonieren noch Briefe schreiben, noch Zeitungen lesen oder Radio hören. Anfangs wurde ihnen nur für 20 Minuten am Tag Zugang zu Sonnenlicht und frischer Luft gewährt.

Datum: 19.09.2002
Quelle: Kipa

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