Antrag auf Freilassung abgelehnt

Indonesien: Ex-Gouverneur «Ahok» bleibt in Haft

Der oberste Gerichtshof Indonesiens in Jakarta hat einen Antrag des Ex-Gouverneurs «Ahok» Purnama auf Freilassung abgelehnt. Damit muss der Christ die vollen zwei Jahre des Urteilsspruchs im Gefängnis verbüssen.
Basuki Tjahaha Purnama

Ein lokales Gericht hatte Basuki Tjahaja Purnama am 9. Mai 2017 wegen «Blasphemie» verurteilt, nachdem ein offensichtlich gefälschtes Video in den sozialen Medien aufgetaucht war, in dem er offenbar den Koran «beleidigte». Zu der Zeit strebte der populäre Politiker, allgemein bekannt als «Ahok», seine Wiederwahl als Gouverneur der Hauptstadt des Landes mit der grössten muslimischen Bevölkerung der Welt (ca. 190 Millionen) an. Aber Islamisten veranstalteten Massenproteste und drängten die Bevölkerung, einen muslimischen Rivalen zu wählen. Ahok verlor die Wahl und wurde stattdessen aufgrund eines fingierten Videos, in dem er angeblich den Koran beleidigte, angeklagt und verurteilt.

Allen Beweisen zum Trotz

Im letzten Monat wurde es Ahok erlaubt, einen Antrag auf Wiedererwägung des Urteils zu stellen. Die Person, die das gefälschte Video hergestellt und in Umlauf gebracht hatte, war im letzten Jahr selbst zu 18 Monaten Gefängnis wegen «Verletzung der Gesetze der Informationstechnologie» verurteilt worden. Trotzdem erklärte der Sprecher des obersten Gerichtshofs, Suhadi, jetzt: «Alle Gründe für eine Wiedererwägung des Urteils, die Ahoks Team vorbrachte, wurden vom Richter zurückgewiesen» – ohne nähere Angaben von Gründen.

Ahok hatte in seiner Amtszeit als Gouverneur von Jakarta wesentliche Verbesserungen der Infrastruktur der Riesen-Metropole durchgesetzt; so reinigte er die chronisch verdreckten Flüsse der Stadt und baute günstige Siedlungen für die Armen in den Slums.

Indonesien am Scheideweg

Indonesien ist ein säkularer Staat mit grosser islamischer Mehrheit und verschiedenen geschützten religiösen Minderheiten, darunter Christen. Auch wenn es immer wieder lokale Übergriffe von muslimischer Seite her gab, war das Land in der Vergangenheit allgemein durch religiöse Toleranz und Diversität gekennzeichnet gewesen – eine Tatsache, an der der Fall Ahok nun ernsthafte Zweifel erlaubt. In den letzten Jahren ist das «Blasphemie-Gesetz» aus dem Jahre 1965 zunehmend gegen religiöse Minderheiten eingesetzt worden. Der Fall Ahok zeigt, dass das Land am Scheideweg steht zwischen einem multi-religiösen modernen Staat und einer Nation, die von islamischen Prinzipien beherrscht wird.

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Datum: 07.04.2018
Autor: Reinhold Scharnowski
Quelle: Livenet / Al-Jazeera

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