Tod der Prinzeninseln?

Istanbul: Kirchen durch Bauvorhaben bedroht

Grosse Besorgnis weckt auf den Istanbul vorgelagerten Prinzeninseln ein neuer Verbauungsplan. Dieser soll Wohnraum für eine Verfünffachung der Bewohner schaffen und dazu Meeresstrände, Wälder sowie bisher denkmalgeschützte Gebäude und Ensembles für Umbauten oder ihren Abbruch freigeben, melden christliche Medien.
Das Aya-Yorgi-Kloster auf einer der Prinzeninseln bei Istanbul
Eine der Prinzeninseln bei Istanbul

Auch ist geplant, das bisherige Verbot von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren aufzuheben und auf den Inseln neue Strassen anzulegen. Gegen diesen Plan, der bereits vom Stadt- und Gemeinderat von Gross-Istanbul gebilligt wurde, protestieren nicht nur Umwelt-Organisationen, sondern besonders die christliche und jüdische Minderheit.

Armenische Christen, Griechisch-Orthodoxe, Katholiken verschiedener Riten und sefardische Juden sind auf den Prinzeninseln noch so stark wie sonst nirgendwo mehr in der heutigen Türkei vertreten: Sie haben Prinkipos, Chalki, Antigoni und Proti nach wie vor zur Gänze geprägt.

Christeninseln werden islamisiert

Der Zuzug von weiteren 52'000 zu den heute etwa 16'000 Bewohnern würde diesen Charakter der Prinzeninseln als letztes Relikt der alten multireligiösen und -kulturellen osmanischen Türkei zerstören. Erfahrungsgemäss – wie das Beispiel der bereits völlig türkisch-islamisch überfremdeten Christeninseln Imbros und Tenedos vor den Dardanellen zeigte – kommen Zuwanderer nicht aus anderen kultivierten Teilen von Istanbul, sondern es handelt sich um landflüchtige Muslimtürken aus dem hintersten Anatolien, die oft sogar noch Analphabeten sind.

Wohnblocks statt Theologischer Hochschule

Von der Aufhebung des Denkmalschutzes zugunsten kommerzieller Um- und Neubauten werden historische Kirchen, Klöster und Synagogen sowie die seit 1971 von Staats wegen geschlossene, doch baulich intakte Theologische Hochschule von Chalki bedroht. Gleichzeitig sieht der neue Verbauungsplan die Annullierung aller bisherigen Besitztitel der alten malerischen Holzhäuser und ihrer Gärten auf, die sich grösstenteils in christlicher oder jüdischer Hand befinden. An ihre Stelle sollen mehrgeschossige Wohnblocks treten.

Todesanzeige für Prinzeninseln

Auch der türkische Schriftsteller und Nobelpreisträger Orhan Pamuk, der auf einer der Inseln wohnt, hat sich den Protesten angeschlossen. Die «letzten Enklaven des Traums vom schönen, alten Istanbul» werden in eine «Hölle von Kommerz, Umweltzerstörung und Primitivität» verwandelt, warnt er.

In der Istanbuler Abendzeitung «Apogevmatini» (Abendblatt) erschien inzwischen folgende Todesanzeige für die Prinzeninseln: «In tiefer Trauer verkünden wir den vorbedachten Tod unserer geliebten Prinzeninseln: Die untröstlichen Bewohner von Prinkipos, in tiefer Trauer jene von Chalki, voll Schmerz die von Antigoni und Proti. Das Begräbnis findet nach den Bestimmungen der neuen Bauordnung statt, die unseren glückseligen Inseln den Todesstoss versetzt. Der Herr gebe ihnen die Ewige Ruhe!»

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Datum: 09.10.2017
Quelle: Livenet / ona / kna / radiovat

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