Was spricht aus christlicher Sicht gegen eine Wiederwahl von Bush?

Weltbrand und die Rolle der Religion.
George W. Bush

Noch nie zuvor hat Glaube und Religion eine ähnlich wichtige Rolle in einem Wahlkampf gespielt. Für den republikanischen Amtsinhaber George W. Bush ist die Mobilisierung der konservativen christlichen Gemeinden wahlentscheidend.

Siehe auch: für die Wiederwahl von Bush?

Ohne offen zur Schau gestellte Religiosität braucht ein Präsidentschaftskandidat in den USA gar nicht erst anzutreten, egal wie unchristlich die politische Praxis ist.

Am Ende der letzten Fernsehdebatte vor der Wahl sind beide Kandidaten nach der Bedeutung der Religion in ihrem Leben gefragt worden. Dabei geriet der Präsident ins Schwitzen. Bushs tiefe religiöse Überzeugung ist in den USA ein Reizthema, dass die Nation in der Mitte spaltet. Die eine Seite hält ihn für einen wahrhaften Christen, die andere für einen Fanatiker.

„Ich bete viel, ich bete für Weisheit, für die Sicherheit unserer Soldaten, die sich in Gefahr befinden, ich bete für meine Töchter”, sagte Bush unter anderem. Sein Glaube vermittele ihm Ruhe „in den Stürmen meiner Präsidentschaft und ich glaube das Gott will, dass alle Menschen frei sind.“ Dazu erinnert Bush an seine Kriege in Afghanistan und im Irak, die er unter anderem ja auch zur Befreiung der jeweiligen Völker geführt habe: „Freiheit ist ein Geschenk des Allmächtigen“, unterstrich er.

Kerry war da weit zurückhaltender. Er bestand auf eine scharfe Trennung zwischen persönlicher religiöser Überzeugung und Politik; und erst recht für eine Trennung zwischen Religion und Krieg.


Christen wahlentscheidend

Die Wiederwahl von George W. Bush wird von vielen Christen als «Schlacht in einem umfassenden Krieg der Kulturen» betrachtet. Karl Rove, ein Berater des Präsidenten George W. Bush, hat die Mobilisierung der christlichen Rechten zu einer der Hauptaufgaben des republikanischen Wahlkampfs erklärt. Donald Hodel, der unter Ronald Reagan sowohl Minister für Energie als auch Innenminister war, schrieb kürzlich: „Es ist eine Tatsache, dass es ohne die harte Arbeit und die Stimmen von Millionen Christen, die nicht schweigen wollten, keine republikanische Mehrheit in beiden Häusern des US-Kongresses gäbe, keine Präsidentschaft Bushs, nur wenig republikanische Gouverneure.“

Wende oder Legende?

Der Vater von Bush hatte noch Witze über bibeltreue Christen gerissen: Einmal eröffnet er einen Kongress mit den Worten: "Ich bin hier wohl der einzige, der nur einmal geboren wurde." Auf die Frage wie: „Was würden Sie Jesus sagen, damit er Sie in den Himmel lässt?“ Verscherzte es sich der ältere Bush mit den Christen, weil er die falsche Antwort gab: „Ich war ein guter Mensch und habe mein Bestes getan.“ Er wurde nicht wiedergewählt. Der amtierende Präsident hat daraus gelernt. Auf die gleiche Frage antwortet er: „Wir sind zwar alle Sünder, aber ich habe Jesus als meinen persönlichen Erlöser angenommen.“

Zusätzlich kann er eine klassische Bekehrungsgeschichte erzählen: vom Alkoholiker zum gläubigen Politiker. „In diesem Augenblick sollte ich eigentlich in einer Bar in Texas und nicht im Weissen Haus sitzen. Dass ich hier und nicht in einer Bar bin, hat nur einen Grund: Ich fand zum Glauben.“

Die Wende kam durch den Wanderprediger Arthur Blessit, der einige Berühmtheit dadurch erlangt hat, dass er ein vier Meter grosses Holzkreuz 50’000 Kilometer durch die Weltgeographie schleppte und es damit ins Guinness-Buch schaffte. Einer dieser Kreuzgänge führt ihn nach Midland, wo er George W. trifft und fragt: "Wenn Sie in diesem Moment sterben würden, hätten Sie Gewissheit, in den Himmel zu kommen?" Bush antwortet, ohne zu zögern: "Nein." Der Prediger betet daraufhin mit ihm, "reinige mich von meinen Sünden und komme als Retter in mein Leben", und schenkt ihm das Büchlein "The New Life". Das war für Bush der Anfang der Wende."


Machtpolitik als göttliche Sendung?

"Erdrutschartig" wird Bush gewinnen - das verkündet der Evangelist Pat Robertson, denn Bush hat "Gott auf seiner Seite. Gott hat ihn gesegnet, Gott hat ihn auserwählt, egal ob er Fehler macht oder nicht. Gott hat ihn gesegnet". Solch heilspolitisches Sendungs- und Missionsbewusstsein muss nicht immer von Übel sein. Gefährlich aber wird es als Begründung eines nationalistischen Machtstrebens - im Bund mit militärischer Dominanz. Gefährlich, wenn die Sicherung amerikanischer Ölinteressen im Irak und einer Vormachtstellung im Nahen Osten als Kampf für die Demokratie ausgegeben wird.

Gewiss, jeder Gläubige hat das Recht, sich von Gott zu einer Aufgabe berufen zu fühlen. Verhängnisvoll aber wird solcher Erwählungsglaube, wenn man Machtpolitik als göttliche Sendung ausgibt. Denn Gott ist wohl weder Republikaner, noch Demokrat, Gott kann also nicht für Politik missbraucht werden! Jeder Gläubige kann sich nämlich auf Gott berufen.

In der Kritik der eigenen Kirche

US-Präsident George W. Bush ist Mitglied der United Methodist Church (Evangelisch-methodistische Kirche). Walter Klaiber, Bischof der Evangelisch-methodistischen Kirche (EMK) schrieb über Bush: "Manche Kirchen haben Probleme mit ihren Mitgliedern. Das gilt insbesondere, wenn diese Mitglieder prominent sind. Früher bestand das Muster eines solchen Konflikts meist darin, dass die Kirche sehr viel konservativer war als die progressiven Vorstellungen derer, die ihre Erfahrungen im öffentlichen Leben gesammelt haben. Heute läuft der Konflikt nicht selten umgekehrt: Die Kirchen sind nicht länger die Bewahrerinnen der Überzeugungen von gestern, auf die sie manche konservative Politiker festlegen wollen. Herausragendes Beispiel dafür ist zurzeit der amerikanische Präsident Bush. Schon als Bush Gouverneur in Texas war, gab es Probleme. Es gab hier in seiner Amtszeit mehr Hinrichtungen als in jedem anderen Bundesstaat. Ebenso dramatisch ist der Meinungsunterschied in der Frage des Krieges als Mittel der Politik. "Wir glauben, dass Krieg mit der Lehre und dem Beispiel Christi unvereinbar ist. Wir verwerfen deshalb den Krieg als Instrument der Politik. Bei der Festlegung ihrer Prioritäten muss jede Regierung den menschlichen Werten mehr Gewicht beimessen als militärischen Forderungen", so Klaiber.

Wo bleiben die Früchte?

John Kerry, der Herausforderer um die Präsidentschaft hat den Schwachpunkt von Bush kürzlich ausgemacht: "Die Schrift sagt", erklärt Kerry auf Bush abzielend, "was nützt es, mein Bruder, wenn jemand sagt, er glaube, doch er kann keine Taten vorweisen?"

Auch die Bibel gibt folgenden Tipp, wenn man jemanden nicht so richtig einordnen kann: „An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen“. Bush ist der erste Präsident, der seit mehr als 70 Jahren, in seiner Amtszeit unter dem Strich Arbeitsplätze verlor. Bush hält das Rekorddefizit im Staatshaushalt. Durch seine Steuersenkungen hat er dem reichsten Prozent der Bevölkerung ein Geschenk von 89 Mrd. Dollar gemacht. Während der Amtszeit Bushs haben fünf Millionen Menschen ihren Versicherungsschutz bei Krankheit verloren.

Aussenpolitisch wiederholt Bush im Wahlkampf zwar immer wieder den Satz: „Die Welt ist durch die Intervention im Irak sicherer geworden“ Saddam Hussein war aber entgegen den Behauptungen der Bush-Regierung keine Bedrohung für die USA. Das ist der Kernsatz des rund 1’000 Seiten starken Berichtes von US-Chef-Waffen-Inspekteur Charles Duelfer, der kürzlich vorgelegt wurde.

Sicherer?

- Nicht nur in der Physik lautet ein Gesetz: Keine Aktion ohne Reaktion. Die Aktionen von religiösen Fanatikern haben gerade auch durch die Besetzung des Iraks erschreckend zugenommen.

- Aus den irakischen Atomanlagen sind nach Angaben der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) Geräte verschwunden, die für den Bau von Nuklearwaffen verwendet werden könnten.

- Englands Aussenminister Jack Straw Blair soll seinen Premierminister Tony Blair gewarnt haben, dass es möglicherweise nur eine Frage der Zeit wäre, bis im Irak ein neuer Diktator an die Macht käme: "Mit der Zeit könnte dieser dann tatsächlich Massenvernichtungswaffen erlangen." Der Krieg hätte dann genau das Gegenteil dessen erreicht, was er hätte bewirken sollen.


Fazit

Bush scheint mit seiner „Starker-Mann-Strategie“ den Amerikanern zu gefallen. Seine erneute Wahl würde dem Land jedoch vermutlich eher schaden als nützen. Nach dem Verlust des internationalen Ansehens, wird auch die eigene Wirtschaft noch mehr leiden. Die Kriegkosten werden sich fatal auswirken: Rund vier Milliarden Dollar kostet die USA der Irak-Einsatz monatlich. Die Berufung auf Gott für diesen "Job" - ohne konkrete Fortschritte im Irak - würde sich als schmerzlicher Boomerang für das Land erweisen.

Siehe auch: Was spricht aus christlicher Sicht für die Wiederwahl von Bush?

Datum: 15.10.2004
Autor: Bruno Graber
Quelle: Livenet.ch

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