SBB schlägt Alarm

Schienen-Suizide haben immer mehrere Opfer

Mehr als jeden dritten Tag nimmt sich jemand auf den Schweizer Schienen das Leben – so die traurige Bilanz der SBB. Für die Lokführer ein Trauma. Schwere Gefühle treffen viele, in der Schweiz erkrankt eine von fünf Personen einmal in ihrem Leben an Depressionen. Wichtig ist, nach Hilfe zu suchen. Angebote sind vorhanden.
SBB-Zug

Aus Angst vor Nachahmungstätern behandelte die SBB das Thema bisher diskret. 140 Menschen nahmen sich 2014 das Leben auf Schweizer Schienen. Und 90 weitere versuchten es; viele von ihnen werden bis ans Lebensende unter schwersten Verletzungen leiden.

Diese Suizide treffen ebenso die Rettungskräfte und insbesondere die Lokführer. «Es gibt Lokführer, die damit nicht fertig werden. Deren Leben wird dadurch komplett umgekrempelt», sagte SBB-Chef Andreas Meyer an einer Medienkonferenz Mitte Woche. Manche würden den Beruf nicht weiter ausüben können, die anderen seien gezeichnet: «Bei jedem fährt die Angst mit.»

Diesem Problem will die SBB mit diversen Massnahmen begegnen, u.a. mit Patrouillen an Bahnhöfen, Tafeln mit der Nummer der dargebotenen Hand und Schulungen für Mitarbeiter, um Alarmzeichen bei Personen besser erkennen zu können.

Verhinderter Suizid selten wiederholt

«20 Minuten» zitiert im Bericht über die Massnahmen der SBB den Suizidforscher Thomas Reisch: «Studien zeigen, dass sich vom Suizid abgehaltene Personen nicht eine andere Methode suchen.» Beispielsweise wurden 515 Personen untersucht, die zurückgehalten werden konnten, von der Golden Gate Bridge in San Francisco zu springen. «Nur» fünf Prozent von ihnen nahmen sich später dennoch das Leben. Ein verhinderter Suizid rette demnach Leben.

Depressionen oder Ängste, die in den Selbstmord führen können, scheinen verbreitet. Eine von fünf Personen in der Schweiz leidet laut Statistik einmal im Leben an einer Depression und die Zahl jener, die zumindest einmal an Selbstmord denken, soll sogar noch höher liegen.

Auch vor Prominenten machen solche Gedanken nicht halt. Jada Pinkett Smith («21 Jump Street», «Madagaskar») kämpfte laut «Blick» mit schweren Lasten. Lee Thompson Young («Rizzoli & Isles, Ex-«Disney»-Star) nahm sich das Leben. Und Oscar-Preisträgerin Catherine Zeta-Jones liess sich wegen manischer Depression mehrfach in einer Klink behandeln.

«Schlimmer als Aids und Krebs»

Ein mutiger Schritt, den Catherine Zeta-Jones tat. Denn nicht selten tut sich der Mensch schwer mit dem Gedanken, dass er Hilfe braucht. Die Ehefrau von Michael Douglas ist diesen Schritt gegangen. Und nachdem der Sohn des bekannten Pastors Rick Warren Suizid beging, kündigte der bekannte Pastor an, gegen diese mentale Krankheiten und deren Stigma zu kämpfen.

Vor einiger Zeit hatte sich die Schauspielerin Silvia Seidel wegen Depressionen das Leben genommen. Gleich wie 1992 Seidels Mutter, als Silvia 22-jährig war. Seidel damals: «Sie litt unter einer Krankheit, die schlimmer als Aids und Krebs zusammen ist: unter Depressionen.»

Was genau die jeweilige Depression auslöst, lässt sich nicht immer eindeutig bestimmen. Dies dokumentiert Samuel Pfeifer, Chefarzt der Klinik Sonnhalde, in einem Livenet-Dossier zum Thema Depression. Äussere und innere Faktoren würden einander beeinflussen und zu diesem Krankheitsbild führen. Was genau bei wem «durchschlägt», lasse sich auch nicht vorhersagen. «Der eine verfällt beim Tod eines lieben Angehörigen in eine Depression, ein anderer bleibt unter denselben Umständen davon verschont und bewältigt den Verlust.»

Atem für die Seele

Eine Depression kann jeden treffen. Die allermeisten Depressionen heilen aber wieder ab, weiss Samuel Pfeiffer. Beim Behandeln sei es wichtig, zwischen leichteren und schweren Depressionen zu unterscheiden. «Während bei leichteren Depressionen auf Medikamente verzichtet werden kann, sollte bei schwereren Formen immer ein Arzt konsultiert werden.»

Ein Lichtblick für die Seele kann auch der Ruf nach Gott sein. Das Innere sehnt sich nach Sein statt Nicht-Sein. Das Annähern, das In-Kontakt-Treten mit dem Schöpfer, kann oft eine Brise Morgenluft einströmen und die Seele atmen lassen.

Zur Webseite:
Klinik SGM Langenthal
Klinik Sonnenhalde

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Den kennenlernen, der aus Depression hilft

Datum: 09.05.2015
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet / Berner Zeitung / 20 Minuten

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