Patienten finden Seelsorge im Spital wichtig

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Basel. Mit einer Umfrage hat ein interdisziplinäres Team vor zwei Jahren im Kantonsspital Basel die Bedürfnisse der Patientinnen und Patienten nach Seelsorge systematisch erfasst. An einer Tagung am Kantonsspital - initiiert vom scheidenden reformierten Spitalseelsorger Theophil Spoerri - wurden die Resultate präsentiert und ausgewertet. Die Tagung stiess im überfüllten Hörsaal des Kantonsspitals mit 250 Teilnehmern auf überaus grosses Interesse.

Das überraschende Resultat der Untersuchung lautete: Der überwiegende Teil der Patientinnen und Patienten (93 Prozent) findet die Seelsorge im Spital wichtig - auch wenn man ganz unterschiedliche Erwartungen damit verknüpft. Das zweite und für eine säkularisierte Gesellschaft eher überraschende Resultat: Ein grosser Teil der Hospitalisierten sieht in den Seelsorgenden religiöse Personen und erwartet von ihnen mehr als nur Zuspruch, nämlich auch religiöse Handlungen, wie David Plüss vonseiten des Umfrageteams mitteilte.

Das kann ein Gebet oder auch eine Krankenölung sein. Plüss: "Patienten erwarten von den Seelsorgenden in der Regel ein religiöses Profil." Im allgemeinen sei es aber schwierig, die konkreten Bedürfnisse zu erkennen. Viele Patienten wünschten, dass der Seelsorge das einfach spüre.

Verschobene Grenzen

Die Situation der Seelsorge hat sich laut Hartmut Raguse, Professor an der Theologischen Fakultät der Uni Basel, im Spital in den vergangenen Jahren drastisch gewandelt. Während früher die Trennlinie relativ klar zwischen konfessionell orientierten Menschen und Atheisten verlief, stehen die Seelsorgenden heute oft in einer multireligiösen Situation im Krankenzimmer. Da stellt sich plötzlich die Frage, welches Angebot der christliche Seelsorger einem Muslimen machen kann.

Wie weit das Seelsorge-Angebot aber im Spital zum Tragen kommt, hängt von verschiedenen Faktoren ab, insbesondere von der Bereitschaft von Ärzteschaft und Pflegenden, die Seelsorge in die Arbeit zu integrieren. Dies ist beispielhaft auf der Abteilung für Hämatologie unter Professor Alois Gratwohl gelungen, wo Theophil Spoerri ins Team integriert war. Germaine Eze, Leiterin des Bereichs Pflege I, und zwei ihrer Mitarbeiterinnen schilderten eindrücklich, wie sich diese Zusammenarbeit zum Wohle aller auswirkt, insbesondere wenn sich der Seelsorger auch um die Überforderungen und Ängste des Personals kümmert.

Die Person, zu der man Nein sagen kann

Spitalseelsorge müsse idealerweise den ganzen Bereich Patient, Pflegende und Angehörige erfassen. Das sei entscheidend in einer Zeit, wo der Druck auf das Pflegepersonal nach Aussagen von Mitarbeiterinnen oft schier unerträglich werde und nur noch das Nötigste für die Patienten getan werden könne. Der Seelsorger müsse trotzdem auch bereit sein, trotz anfänglicher guter Kontakte plötzlich von einem Patienten abgelehnt zu werden. Spoerri: "Der Seelsorger ist die einzige Person im Spitalbetrieb, zu der man auch nein sagen kann." Der Arzt Alois Gratwohl bekannte, er habe mit dem Seelsorger Spoerri oft über die Funktion der Seelsorge im Spital gerungen. Er teilt der Seelsorge aber eine entscheidende positive Wirkung im Gesundungsprozess zu. Das Bedürfnis nach religiöser Praxis sieht er vor allem genetisch bedingt.

Hartmut Raguse schlug der Spitalleitung vor, schon beim Eintritt mit zwei bis drei Fragen die Bedürfnisse der Patienten nach Seelsorge zu erfassen. Ausserdem wünschen sich die Seelsorgenden einen geschützten Rahmen und vor allem geeignete Räume für ihre Gespräche. Leider aber gehöre Raum zu den kostbarsten Gütern im Spital.

Datum: 17.09.2002
Quelle: Kipa

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