Das Kind soll über alles reden können

Missbrauch von Kindern passiert, und zwar in den "besten" Familien! Aber wie kann man es merken? Was soll man tun? Wie vorbeugen?

Kinder, die missbraucht werden, verändern sich, auch wenn sie nicht über das reden, was sie belastet. Vertrauen Sie Ihrer eigenen Wahrnehmung, wenn Ihr Kind sich seltsam verhält. Es gibt eine ganze Palette von Signalen, die anzeigen, dass etwas nicht stimmt:

- Plötzlich auftretender übermässiger Waschdrang oder das genaue Gegenteil aus Ekel, sich selbst zu berühren

- Auffallend verändertes Essverhalten, wie zum Beispiel hungern oder nur noch futtern

- Angst vor dem Schlafengehen oder der Wunsch, nur noch bekleidet ins Bett zu gehen

- Angst, wenn jemand das Bad betritt

- Kein Interesse mehr an Freunden und Kontakten

- Schwarz übermalte Bilder

- Plötzlich wieder auftretendes Bettnässen

- Krasse Stimmungsschwankungen zwischen Depression und Aggression; oft verschlechtert sich das Verhältnis zur Mutter bis hin zur Entfremdung.

Je nach Alter reagieren Kinder unterschiedlich. Dennoch, diese Signale können, müssen aber nicht auf sexuellen Missbrauch hindeuten. Auf jeden Fall sollten Sie Ihren eigenen Wahrnehmungen trauen - aber dabei ruhig und besonnen bleiben.

Hilfe suchen

Inzwischen gibt es mehrere Stellen, wo Sie fachliche, kompetente Hilfe und Beratung bekommen können, zum Beispiel der (Kinder-)Arzt, Kinder- und Jugendpsychologen, Kinderschutzbund oder Kirchen. Beratungsstellen stehen im Telefonbuch und in Verzeichnissen über Selbsthilfegruppen, die es bei der Stadtverwaltung, beim Jugendamt und in öffentlichen Büchereien gibt. Handeln Sie nicht überstürzt, sondern sprechen Sie zuerst mit einer Person Ihres Vertrauens. Auf jeden Fall brauchen Sie Hilfe, um alles verarbeiten und die richtigen Schritte wohlüberlegt gehen zu können. Das Kind muss unbedingt vor weiteren Übergriffen geschützt werden! Natürlich ist das nicht so leicht, solange noch unklar ist, wer der Täter und was genau passiert ist - besonders, wenn dieser in der eigenen Familie vermutet wird. Kinder offenbaren sich neutralen Vertrauenspersonen oft leichter als Familienangehörigen, weil sie sich und die Familie vor Kummer und Schuldgefühlen schützen möchten.


Darüber reden

Sie können versuchen, das Geheimnis behutsam zu thematisieren, sollten dem Kind aber keine Worte in den Mund legen. Es gibt eine Reihe von Kinderbüchern für verschiedene Altersklassen. Das Kind muss spüren, dass Missbrauch und Sexualität generell keine Tabuthemen bei Ihnen sind, dass es über alles mit Ihnen sprechen kann, aber nicht muss, und dass Sie ihm glauben. Manche Kinder haben angefangen zu erzählen, als sie merkten, dass auch andere solche Erfahrungen gemacht haben und es eine Lösung gab.


Vorbeugen - nachsorgen

Kann man Kinder vor solchen Erfahrungen nicht von vornherein schützen? Man kann Grundlagen legen, aber eine Garantie gibt es nicht. Fördern Sie ein gesundes Selbstbewusstsein und ein Sich-verlassen-können auf die eigenen Gefühle! Das Kind muss wissen, dass sein Körper ihm gehört und es körperliche Berührungen, die es als unangenehm empfindet, nicht zulassen muss, auch nicht den Kuss der Oma, der Tante oder des Onkels. Es muss ermutigt werden, sich gegen Übergriffe zu wehren: schreien, treten, kratzen, anspucken - alles ist erlaubt! Geben Sie Ihrem Kind genügend Geborgenheit und Zuwendung zu Hause. Wenn es emotional "satt" ist, wird es weniger anfällig für Aufmerksamkeit und Zuwendung von (Vertrauens-) Personen, die es weniger gut mit ihm meinen. Gerade jüngere Kinder müssen zwischen "guten" und "bösen" Geheimnissen unterscheiden lernen. "Du darfst nicht verraten, was Mama zum Geburtstag bekommt" ist ein gutes Geheimnis. Wird jedoch gedroht: "Wenn du das jemandem erzählst, dann töte ich dein Zwergkaninchen", liegt ein böses Geheimnis vor, das nicht verschwiegen werden darf.

Datum: 29.03.2002
Autor: Eberhard Mühlan
Quelle: Chrischona Magazin

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