Tötungsverbot hat mehr Gewicht als Selbstbestimmungsrecht

Zürich. Die Schweizerische Evangelische Allianz (SEA) und der Verband Evangelischer Freikirchen und Gemeinden (VFG) lehnen die Fristenlösung ab.

Im Mittelpunkt der von Bundesrat und Parlament vorgelegten Fristenregelung stehe die Strafbefreiung der abtreibenden Frau. Dabei werde in Kauf genommen, dass das ungeborene Kind während drei Monaten ohne rechtlichen Schutz ist, kritisieren die Organisationen. Menschliches Leben beginne aber mit der Befruchtung der Eizelle. Dem in Entwicklung begriffenen Kind komme deshalb Personalität und Würde zu; es habe Anrecht auf staatlichen Schutz. Letztlich sei der Mensch ein Geschöpf Gottes. Das Tötungsverbot sei stärker zu gewichten als das Selbstbestimmungsrecht der Frau.

Es müsse befürchtet werden, der Straflosigkeit sei inskünftig bei Vorliegen einer "schweren seelischen Notlage" faktisch keine Grenze gesetzt und das ungeborene Kind könne bis kurz vor der Geburt straflos abgetrieben werden. Im gleichen Zusammenhang werde eine Änderung des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung vorgeschlagen, wonach die obligatorische Krankenpflegeversicherung die Kosten eines straflosen Schwangerschaftsabbruchs zu übernehmen habe.

(GLS) startete Nein-Kampagne zur Fristenlösung

Es gebe zu viele Gründe, warum eine Fristenlösung beim Schwangerschaftsabbruch nicht sinnvoll sei – neben ethischen auch juristische und politische. Die Gesellschaft zum Schutz des ungeborenen Lebens in der Schweiz (GLS) betrachte eine Frist an sich als untaugliches Kriterium, wenn es um Leben und Tod geht. Deshalb lautet ihr Slogan: „Fristen, die nichts lösen. Nein am 2. Juni“. Die GLS bildet ein nationales Nein-Komitee sowie kantonale Nein-Komitees, denen namhafte Politikerinnen und Politiker aus verschiedenen Parteien angehören werden.

Im Unterschied zu anderen Nein-Komitees kämpfe die GLS gegen die Fristenlösung und nicht in erster Linie gegen die Abtreibung. Für die GLS sei ein Nein zur Fristenlösung noch kein Bekenntnis zu einer bestimmten ethischen Doktrin in der Abtreibungsfrage. Fristen sind ein typisches Instrument der Bürokratie und deshalb nicht geeignet, Probleme zu lösen, bei denen es um Leben und Tod geht, glaubt die GLS. Eine Aufweichung des Lebensschutzes beim Embryo werde mittel- und langfristig auch den Schutz des Lebens bei Neugeborenen, Behinderten und Alten gefährden. Im Weiteren gebe diese Fristenlösung vor, die Freiheit der Frau zu erweitern, aber sie schütze diese Freiheit nicht gegen Druckversuche und soziale Not. Zudem sei die Vorlage nach Ansicht der GLS heuchlerisch, weil sie von einer Notlage als Voraussetzung für eine Abtreibung spreche, aber nicht wirklich geprüft werde, ob eine Notlage vorliegt.

Eine Fristenlösung beim Schwangerschaftsabbruch sei nach Auffassung der GLS nur dann folgerichtig, wenn ein Ungeborenes eine Sache und kein Lebewesen sei. Wenn es aber ein Mensch ist, so argumentiert das GLS-Komitee, „dann hat dieser Mensch Anspruch auf den vollen Schutz des Gesetzes, und Ausnahmen müssen genau begründet werden. Wäre es bald besser, ein Hochmoor, ein Robbenbaby oder ein Igel zu sein als ein Ungeborenes? Wie kommt die Schweiz auf die Idee, ausgerechnet menschlichem Leben den anwaltschaftlichen Schutz zwölf Wochen lang gesetzlich zu entziehen?“ Diese und weitere Frage stellt die GLS Mitbürgerinnen und Mitbürgern mit einer kleinen Schrift unter dem Titel „Was lösen Fristen?“

Notlagen könne es immer mal geben, argumentiert GLS weiter. Wer die Notlage aber zur Norm mache, mache die Norm zur Notlage. Die GLS-Komitees möchten die Diskussion im Vorfeld zur Abstimmung jenseits der bisherigen verbissenen Glaubenskriege des Ja- und des Nein-Lagers nüchtern führen und die Stimmberechtigten mit logischen Argumenten überzeugen, dass die Fristenlösung aus ethischen und staatsrechtlichen Gründen eine sehr schlechte Lösung wäre.

Die Gesellschaft für den Schutz des ungeborenen Lebens in der Schweiz (GLS) hatte im letzten Frühling das Referendum gegen die Fristenlösung ergriffen und zusammen mit der Christlichdemokratischen Volkspartei (CVP) 53 000 Unterschriften eingereicht. Sie besteht aus Politikern von verschiedenen Parteien, Lebensrechtsorganisationen und Verantwortlichen aus Kirche und Gesellschaft.

Datum: 28.03.2002

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