Medizinethikerin

Gegen Lobbyismus für Leihmutterschaft

Die Befürworterinnen eines Rechts auf ein Kind verspüren Auftrieb. Sie wollen Verbote wie die Eizellenspende und die Leihmutterschaft beseitigen. Unterstützt werden sie ausgerechnet von der Präsidentin der Nationalen Ethikkommission. Die Medizinethikerin Ruth Baumann-Hölzle widerspricht.
Schwangere Frau (Symbolbild)
Ruth Baumann-Hölzle

Mit dem Anspruch der «reproduktiven Autonomie» kämpfen Politikerinnen wie Nationalrätin Doris Fiala und mit ihr die FDP-Frauen Zürich für liberalere Gesetze für die Reproduktionstechnik. So kürzlich mit einem Podium an der Universität Zürich. An der Tagung hat die Medizinethikerin Ruth Baumann-Hölzle als Einzige das Vorhaben der Abschaffung bestehender gesetzlicher Einschränkungen in Frage gestellt. Sie warnte, dass die Forderung nach «reproduktiver Autonomie» leicht zur «reproduktiven Willkür» verkommen könne.

Falscher Autonomiebegriff

Sie machte darauf aufmerksam, dass der Begriff auf den Philosophen Immanuel Kant zurückgeht, der darunter mehr als nur eine Selbstbestimmung verstanden habe. Es sei ihm vielmehr um eine «Selbstgesetzgebung» im Sinne eines Abwehrrechts gegangen. Menschen müssten somit Einspruch erheben können, wenn mit ihnen etwas geschehen solle, das sie ablehnen. Laut Kant seien Menschen nur dann frei, «wenn sie auch zur Selbstbeschränkung bereit sind, ein bestimmtes Handeln für alle Menschen gültig sein kann und andere Menschen nicht schädigt.» Freiheit sei also immer mit Selbstbeschränkung verbunden, In diesem Sinne sei die «reproduktive Autonomie» von der «reproduktiven Willkür» zu unterscheiden, schreibt sie jetzt in einem «Kommentar zur Zeit», der auf der Webseite von Dialog-Ethik erschienen ist.

Reproduktive Willkür

Baumann-Hölzle räumt darin ein, dass Menschen sehr am unerfüllten Kinderwunsch leiden können. Sie hätten auch Anspruch auf Behandlung ihrer Fertilitätsstörung. Ein Recht auf ein Kind ist für Baumann-Hölzle aber ethisch nicht vertretbar, «weil dieses damit zur Realisierung eigener Wünsche instrumentalisiert würde, was seinem Anspruch auf Würde widerspricht.» Erst recht gelte dies für den Wunsch auf ein Kind mit bestimmten Eigenschaften. Daher kenne die Schweiz die «embryopatische Indikation» für den Schwangerschaftsabbruch nicht, «bei der eine Schwangerschaft wegen nicht gewünschter Eigenschaften des zukünftigen Kindes abgebrochen wird.» Sobald ein Recht auf ein Kind oder sogar auf eines mit bestimmten Eigenschaften eingefordert werde, handle sich um «reproduktive Willkür», so die Medizinethikerin.

Kein Recht auf Selbstschädigung

Im Blick auf die Forderung nach Erlaubnis der Leihmutterschaft auch in der Schweiz weist Baumann-Hölzle darauf hin, dass diese aus Schutz der Gesundheit dieser Frauen bestehe. Für den Staat dürfe es kein Recht auf «Selbstschädigung» geben. Wenn es dieses gäbe, müsste er die Mittel dazu allen zur Verfügung stellen, also auch dafür sorgen, dass es genug Leihmütter gebe. Wenn überhaupt, könne es eine Leihmutterschaft nur im Rahmen enger persönlicher und verwandtschaftlicher Beziehungen geben, die nicht kommerziell, sondern freiwillig und privat finanziert sei. Baumann-Hölze weist dann auch auf die Tatsache hin, dass heute die Reproduktionswirtschaft ein lukratives Geschäft ist, und zwar mit Frauen, die das Risiko einer Selbstschädigung (auch bei der Eizellenspende) eingingen, ohne am lukrativen Gewinn teilzuhaben. Sie macht auch darauf aufmerksam, dass künstlich gezeugte Menschen ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen aufweisen.

Zum vollständigen Text von Dr. theol. Ruth Baumann-Hölzle.

Problematische Rolle der NEK-Präsidentin

Tragisch ist, dass sich ausgerechnet die aktuelle Präsidentin der Nationalen Ethikkommission (NEK), die Zürcher Rechtsprofessorin Andrea Büchler, für die Interessen von Gruppen einspannen lässt, die auch die Zulassung der Leihmutterschaft fordern. Sie hat dieses Ansinnen sogar mit einem Artikel in der NZZ Nachdruck verliehen. Ebenso hat sie sich gegen das Vorhaben des Bundesrates gewehrt, bei der Revision des Reproduktionsgesetzes zu verbieten, dass das Geschlecht des Kindes den Eltern erst nach der 12. Schwangerschaftswoche bekannt gegeben werden darf. Der Nationalrat beschloss dennoch das Verbot aus der Sorge heraus, dass ein unerwünschtes Geschlecht zur Abtreibung eines Kindes führen könnte.

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Datum: 20.03.2018
Autor: Fritz Imhof
Quelle: Schweizerische Stiftung für die Familie

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