Schluss mit Pessimismus

Medien sollen öfter sagen, was gut ist

Ein «Spiegel»-Redaktor begründet mit zehn Punkten, weshalb negative News besser ziehen, und fordert gleichzeitig seine Kollegen auf, mehr Good News zu bringen.
Negativ-Nachrichten, beispielsweise über Unfälle, ziehen bei vielen Menschen besser als positive News.
Guido Mingels

Der Spiegel ist nicht gerade für positive Texte bekannt. In der Ausgabe der ersten Augustwoche pflückt er sich zum Beispiel das deutsche Autokartell und «Dieselgate» vor und beleuchtet die unheilvolle Verstrickung von Politik und Autoindustrie in Deutschland. Eine positive Perspektive dazu fehlt. Doch in der gleichen Ausgabe erscheint auch ein Text von Redaktor Guido Mingels mit dem Titel «Sagen, was gut ist».

Informiert und pessimistisch

Der Autor begründet eingangs in zehn Punkten, weshalb eben Bad News viel erfolgreicher sind als positive Schlagzeilen. Er bringt auch Verständnis dafür auf, wenn uns die aktuelle Nachrichtenlage pessimistisch macht. Und er zeigt das auch mit den Worten des englischen Schriftsteller John Priestly: «Ein Optimist ist in der Regel ein Zeitgenosse, der ungenügend informiert ist.»

Pessimisten wirken glaubwürdig

«Der Optimist klingt immer irgendwie naiv», bestätigt Guido Mingels im ersten von zehn Punkten, mit denen er begründet, weshalb die Leute gerne den Schwarzmalern glauben, auch im privaten Gespräch. Pessimisten, die sich über aktuelle Vorgänge und die Zukunft Sorgen machen, wirkten eben glaubwürdiger. Pessimisten verlangen nach sofortiger Reaktion, während ein negatives Ereignis für den Optimisten allenfalls einen momentanen Rückschlag bedeutet. Es ist aber einfacher, über ein aktuelles negatives Ereignis und die möglichen Folgen zu reden als darauf hinzuweisen, dass ähnliche Ereignisse schon oft stattgefunden haben und die Welt dennoch nicht untergegangen ist.

Eine Überheblichkeit

Mingels bezeichnet nun den Pessimismus als eine «Form der Hybris». Er habe eine hohe Erwartungshaltung an die Welt und erwarte, dass alles perfekt läuft. Von dieser Kanzel aus halte er dunkle Predigten. Er bezeichnet den vor allem in Europa verbreiteten Pessimismus als ein «Überflussphänomen». Nur, einer, dem es gut gehe, könne erwarten, dass alles perfekt laufe.

Laut Mingels Erfahrung macht der Pessimist seine Rechnung ohne die menschliche Anpassungsfähigkeit. Er spricht von einem «Wenn-wir-so-weitermachen-Fehlschluss», zum Beispiel: «Wenn wir so weiter machen, werden die Wohlfahrtssysteme der Industriestaaten zusammenbrechen.« Tatsache sei aber, dass die Menschheit noch nie einfach so weitergemacht habe. Sie habe sich als erstaunlich wandlungsfähig erwiesen.

Mingels schliesst seine zehn Punkte mit einer interessanten Beobachtung: «Wir sind leider Optimisten im Kleinen und Pessimisten im Grossen.» Viele Leute seien zuversichtlich im Blick auf ihr eigenes Leben und ihre Zukunft, aber tief davon überzeugt, dass es mit der Welt bergab gehe. «Meist überschätzen sie dabei ihre eigenen Möglichkeiten und unterschätzen die generellen Entwicklungen.»

Folgen des medialen Pessimismus

Die Folge des Hangs nach Bad News ist für Mingels, dass Medien, Politik und Öffentlichkeit gemeinsam an einer umfassenden, also einer realistische Darstellung der Wirklichkeit scheitern. Diese «informationelle Schieflage» könne aber Folgen haben wie zum Beispiel die Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten. Für den Spiegel-Redaktor ist dennoch ein kritischer Blick auf die Verhältnisse unerlässlich und sogar eine Bedingung für den Fortschritt.

Als Konsequenz seines Artikels fordert er eine Neuinterpretation des Mottos von Spiegel-Gründer Rudolf Augstein, das in stählernen Lettern auf Stein im Foyer des Spiegel-Gebäudes prangt und lautet «Sagen, was ist». Seinen Kollegen hält er vor, dass diese Aussage zu oft einseitig interpretiert wird im Sinne von «sagen, was schief läuft.» Mingels setzt dagegen: «Wer heute sagen will, was ist, muss auch sagen, was gut ist. Alles andere ergibt ein schiefes Bild.»

Die Basis für eine bessere Welt

Viele evangelische Christen haben – nicht zuletzt dank des unermüdlichen Mahnens des Basler Zukunftsforschers Andreas Walker – schon daraus gelernt und betätigen sich nicht mehr als permanente Endzeitspezialisten. Und dies, obwohl die heutige Weltlage, so weit sie sich in der Nachrichtenlage spiegelt, genug Anlass dafür bieten würde. Sie tun gut daran, immer wieder zu bezeugen, dass das Evangelium zu einer besseren Welt beiträgt, wenn es in Wort und Tat gelebt wird.

Datum: 15.08.2017
Autor: Fritz Imhof
Quelle: Livenet

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