Eltern am Arbeitsplatz

Wie kann man alles unter einen Hut bringen?

Kirchen haben die Chance erkannt, sich mit dem Label «Familie UND Beruf» als vorbildliche Arbeitgeber zu positionieren. Geht das auch ohne das Label?
Familie auf Teppich
Andreas «Boppi» Boppart

Vor 50 Jahren war alles einfacher: Der Mann verdiente das Familieneinkommen. Die Frau betreute die Kinder und allenfalls auch eigene Eltern. Das war normal. Arbeitende Mütter waren gesellschaftlich geächtet.

Heute sind Frauen (mindestens) ebenso gut ausgebildet wie die Männer. Und sie wollen selbstverständlich auch beruflich aktiv sein, womöglich auch, wenn Kinder da sind. Wenigstens teilzeitlich. Jüngere christliche Paare – und ältere, sobald die Kinder flügge sind – machen da keine grosse Ausnahme, auch wenn die christlichen Frauen tendenziell eher den Schwerpunkt auf Familien- und Freiwilligenarbeit legen, sofern der Ehemann gut verdient.

Firmen sehr unterschiedlich sensibilisiert

Doch alles unter einen Hut zu bringen, ist immer wieder eine Herausforderung, besonders wenn nicht Grosseltern, Nachbarn oder Freunde bei der Betreuungsarbeit mithelfen. Daher wird seit Jahren an die Firmen appelliert, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf für Väter und Mütter zu verbessern. Mit sehr unterschiedlichem Erfolg. Während zum Beispiel kantonale Verwaltungen und einige Grossfirmen sensibilisiert sind und mustergültige Regelungen kennen, ist das für viele andere kein Thema.

Einige reformierte Kirchen sind dabei

Impulse setzt da die «Fachstelle UND», die rund 60 Qualitätskriterien definiert hat und zusammen mit interessierten Firmen und Organisationen einen Zertifizierungsprozess durchführt. Der Schweizerische Evangelische Kirchenbund (SEK) sowie die Reformierten Landeskirchen Bern-Jura-Solothurn und St. Gallen haben sich das Label «Familie UND Beruf» erworben. In den Kantonen Aargau, Zürich und Baselland klären auch grössere Kirchgemeinden ab, ob sie dabei sein wollen.

Die Praxis in evangelischen Werken

Natürlich kann eine Organisation oder Firma auch eine elternfreundliche Anstellungs- und Beschäftigungspolitik betreiben, ohne sich das Qualitätslabel erworben zu haben. Grosse Flexibilität für die Mitarbeitenden zeigt zum Beispiel die Schweizerische Evangelische Allianz (SEA). Dort arbeitet nur eine Person Vollzeit und die andern zwischen 50 – 80%. Auch Home-Office-Arbeit ist bei der SEA-Geschäftsstelle in Zürich möglich. Damit vier bei SEA-nahen Werken angestellte Personen auch in Kontakt mit Kolleginnen und Kollegen kommen können, wird ihnen für ein bis zwei Tage pro Woche ein Arbeitsplatz im SEA-Büro angeboten.

Auch bei Campus für Christus ist man bei Anstellungen flexibel und offen für individuelle Lösungen. Zum andern liege dem Missionswerk viel daran, Frauen (wie Männer) in ihrer Entwicklung zu fördern und sie für Leitungspositionen zu qualifizieren, wie Missionsleiter Andreas Boppart gegenüber Livenet erläuterte. Ein Erwerb des Labels «Familie UND Beruf» war aber in beiden Organisationen noch kein Thema.

Eine Entwicklung

Diese Beispiele weisen darauf hin, dass das Ideal der vollzeitlichen Mutter und Hausfrau auch im evangelischen Raum inklusive Freikirchen allmählich abgelöst wird durch ein Modell, das Mütter in den ersten Lebensjahren ihrer Kinder den Schwerpunkt Familienarbeit setzen lässt und später den sukzessiven Wiedereinstieg in den Beruf, sobald die Kinder weniger Betreuung brauchen. Zudem sind immer öfter auch Männer bereit, wenigstens einen Tag pro Woche Familienarbeit zu übernehmen. 

Zur Webseite:
Kirchen sind bei der Vereinbarkeit vorne dabei

Zum Thema:
Familie und Beruf: Was sich christliche Familien wünschen
Gemeinde, Familie, Beruf: «Wo Leidenschaft ist, fehlt die Balance»

Datum: 18.12.2016
Autor: Fritz Imhof
Quelle: Livenet

Werbung
Livenet Service
Werbung