Wie eine Textverarbeitung

Crispr-Erfinder Martin Jinek fordert öffentliche Debatte

Englische Forscher dürfen jetzt an menschlichen Embryonen manipulieren und zum Beispiel Gene austauschen (Livenet berichtete). Der Erfinder der Technik, die das möglich macht, forscht in Zürich. Er hofft auf gesellschaftliche Unterstützung und vertraut auf die Vernunft.
Martin Jinek

Der Molekularbiologe Martin Jinek stammt aus Tschechien. Er gilt als Vater der Crispr-Technik, die es ermöglicht, Moleküle zu zerschneiden und zu verändern und ist damit möglicher Kandidat für den Nobelpreis. In einem Interview mit der Schweiz am Sonntag begründet er seine Forschungen. Er setzt darauf, dass diese nicht dazu missbraucht werden, um Designerbabys zu züchten, denen beliebige Eigenschaften eingepflanzt werden können.

Hoffen auf die vernünftigen Wissenschafter

Journalist Raffael Schuppisser schonte den Wissenschafter nicht und nahm ihn ziemlich in die Zange. Er gibt sich nicht mit dem Argument von Jinek zufrieden, seine Forschung und diejenige der englischen Wissenschafter dienten lediglich dazu, «die menschliche Reproduktion zu verstehen». Schliesslich helfe dieses Verständnis, Designerbabys zu produzieren, repliziert Schuppissser. Jinek stellt sich auf den Standpunkt, unter den geltenden gesetzlichen Regeln könne er sich nicht vorstellen, dass es einen Wissenschafter gibt, der Crispr dazu nutzen würde.

Gegen das Dammbruch-Argument

Dass es einen solchen «verrückten Wissenschafter» doch einmal geben könnte, will er nicht akzeptieren und lehnt dieses «Dammbruch-Argument» ab. Er räumt aber ein: «Natürlich kann das nie vollkommen ausgeschlossen werden.» Nicht zur Beruhigung trägt seine Beschreibung der Crispr-Technik bei. Es handle sich um «ein System, das sehr einfach und effizient genutzt werden kann. Es ist sehr schnell und sehr billig.» Zudem sei es ein «mächtiges Werkzeug, um die Funktion von Genen zu studieren». Man könne damit die genetische Information in Zellen modifizieren und schauen, was die Veränderungen auslöst. Er braucht sogar den Vergleich mit einem Textbearbeitungssystem, mit dem man einen Text beliebig verändern oder überschreiben könne.

Der Ruf nach dem breiten gesellschaftlichen Konsens

Auf das Argument, mit Crispr könne man dereinst nicht nur Defekte heilen, sondern den Menschen auch optimieren, sagte Jinek: «Ich bin derzeit dagegen.»

Diese Optimierung des Menschen sei momentan aber noch nicht möglich, schiebt er nach. Und wenn es einmal möglich ist? Jinek windet sich und entgegnet, dazu brauche es einen breiten Konsens in der Gesellschaft. Er fordert eine breite gesellschaftliche Diskussion und meint dazu: «Es ist Zeit, darüber zu reden, ob genetisch optimierte Menschen oder Designerbabys einmal verantwortbar wären.»

Es braucht eine Rückbesinnung

Wenn aber die Gesellschaft bzw. die Mehrheit des Volkes immer recht hat und diese überzeugt werden kann, dass der Nutzen solcher Manipulation ausgewiesen ist, wer soll dann den Menschen nach Mass noch stoppen? Bereits heute ist sichtbar, dass Ethik-Kommissionen sich vom Argument der Nützlichkeit bestimmen lassen, weil eine tragende ethische Basis fehlt. Es braucht die Einsicht, dass eine solche Basis ausserhalb der gesellschaftlichen Dimensionen liegt und eine Rückbesinnung auf die christlichen Wurzeln der abendländischen Gesellschaft. Israel wäre nie ins heilige Land gekommen, wenn das Volk immer recht gehabt hätte.

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Datum: 09.02.2016
Autor: Fritz Imhof
Quelle: Livenet

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