StopArmut-Preis 2014

Der Mann, der die Wüste Ägyptens fruchtbar macht

Als Pionier in der Anwendung biologischer Anbaumethoden hat Ernst Frischknecht gelernt, wie wichtig der sorgfältige Umgang mit der sensiblen Ressource Boden ist. Er ist davon überzeugt, dass Armutsbekämpfung und die Förderung von Gesundheit und Wohlergehen beim Boden beginnen.
Ernst Frischknecht (Mitte) mit ägyptischen Bauern auf einem ausgetrockneten Acker in Quena.
Ungeschützte Erde, die wieder fruchtbar werden kann.
Junge Olivenbäume wachsen auf abgedecktem Boden mit wenig Wasser wunderbar (rechtes Bild; linkes Bild: ca. 100m entfernte Ackerfläche).

Seit über zehn Jahren bringt Ernst Frischknecht seine Expertise und Erfahrung in die Arbeit der Organisation «No Till Africa» ein. Im Rahmen des Projekts «Landwirtschaftlicher Lehr- und Demonstrationsbetrieb Quena» schult er Bauern in Ägypten, wie sie ihren Boden vor Wüstenbildung und Erosion schützen, sowie auch fruchtbare Erde und Kulturen in Trockengebieten aufbauen können. Das Projekt ist für den StopArmut Projekt-Preis 2014 nominiert.

Livenet: Herr Frischknecht, können Sie kurz Ihr Projekt beschreiben?
Ernst Frischknecht: Weit weg vom Nil haben drei junge Männer Land gekauft, um es zu bebauen. Aufgrund der Trockenheit des Bodens waren sie jedoch kaum erfolgreich. Bei meinem ersten Besuch erklärte ich ihnen, dass dieser reine Sandboden nur mit ständigem Schutz vor der Sonne durch Gründüngung und/oder Bedeckung mit organischem Material (Pflanzenreste) und sehr sparsamem Wassereinsatz fruchtbar werden könne. Fasziniert vom Erfolg der Anwendung meiner Empfehlungen, wollen wir dieses Wissen möglichst vielen ägyptischen Bauern zugänglich machen und streben einen Lehrbetrieb an, der vollständig von Ägyptern für Ägypter geführt wird.

Was hat Sie dazu bewogen, sich für Bauern in Entwicklungsländern einzusetzen?
Angefangen hat alles nicht ganz freiwillig im Sudan. Ich wurde von einem Verwandten, der dort als Architekt arbeitete, gedrängt, seinen Bekannten bei der Bearbeitung ihres lehmigen Bodens zu helfen. So wuchs ich langsam in die Arbeit hinein. Weisse haben lange Zeit afrikanische Völker dazu verleitet, die Bedürfnisse fruchtbarer Erde zu ignorieren. Ich habe somit auch die Verantwortung, mein Erfahrungswissen, das mir geschenkt wurde, dort einzubringen, wo aus mangelnden Kenntnissen Not entstand.

Wie kam es dann zu ihrem Projekt?
Der ägyptische Arzt Dr. Morris Beshay hat vom Erfolg meiner Arbeit im Sudan erfahren. Seine Verwandten in Ägypten hatten grosse Mühe mit der schwindenden Fruchtbarkeit ihrer Böden, weshalb er mich um Hilfe bat. Im Oktober 2012 besuchte ich mit Morris die Bauern in Quena. Neben einiger Fachliteratur gab ich ihnen das Dokument «Bevor du arbeitest, bete». Wir alle wussten, dass wir das ohne Gottes Hilfe nicht schaffen.

Was waren die grössten Schwierigkeiten, die bei der Umsetzung auftraten?
Die erste Herausforderung war die Sprache. Ich begann mit 65 Jahren Englisch zu lernen. Eine zweite Schwierigkeit bestand in der unsicheren Lage. Beim ersten Besuch im Sudan konnten wir am ersten Tag nicht in die Dörfer, weil noch geschossen wurde. Auch Ägypten war 2012 unsicher. Weiter war es schwierig, die Einheimischen zu motivieren, ihre fatalistische Schicksals-Ergebenheit zu durchbrechen und weniger vom Staat und der Entwicklungshilfe zu erwarten, sondern Gottes Kraft, Weisheit und Kreativität in Anspruch zu nehmen und aktiv zu werden.

Was hat Sie motiviert, diese Herausforderungen zu meistern und weiter zu machen?
Die moralische Unterstützung meiner Frau und Familie und das Bewusstsein, dass die Emigration aus Afrika nicht mit einem Zaun um Europa gestoppt, wohl aber mit einer Verbesserung der Lebensbedingungen in Afrika, gebremst werden kann.

Welche Rolle spielt Gott bei Ihrer Arbeit?
Ich war oft an der Grenze der Überforderung, bekam aber immer wieder die Kraft, die nur von Gott kommen kann. Manchmal wurde mir auch mulmig zu Mute, da ich mich stark von Gott abhängig fühlte. Habe ich ihn recht verstanden und würde ich wirklich nach seinem Willen handeln?

Jesus hat gelehrt, dass Dienen stärker ist als Herrschen. Nur das Sich-Einfühlen in sein Gegenüber, ob Mensch, Tier, Pflanze oder eben der Boden, führt zu Lösungen der Probleme. So wird der Glaube zur befreienden Kraft.

Inwiefern berücksichtigt Ihr Projekt die diesjährigen Anliegen von StopArmut 2015?
Wenn Ägypter und ihre Frauen im eigenen Land von einheimischen Bauern und Gärtnern nebeneinander demonstriert bekommen, wie positiv sich sparsamer Wasserverbrauch dank bedeckter Erde und schonender Bearbeitung auswirkt, kann der Selbstversorgungsgrad gesteigert, die Landflucht verringert und die Lebensqualität aus eigener Kraft verbessert werden.

Welche Zukunftspläne verfolgen Sie mit Ihrem Projekt?
Der Lehrbetrieb soll weiteren Bauern bewusst machen, dass der Boden je nach Bearbeitung die Wurzel für Glück, Gesundheit, Wohlergehen und Unabhängigkeit, oder aber für Hunger, Hitze und Krankheit ist. Bewahrung und Unterstützung der Schöpfung als Ganzes soll Gottesdienst mit unmittelbaren Folgen sein.

Datum: 13.06.2014
Autor: Samuel Sommer
Quelle: Livenet / StopArmut

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