Zweite Fremdsprache?

Primarschüler nicht zu Opfern der Bildungspolitik machen

Der Zürcher Bildungspolitiker Hanspeter Amstutz (EVP) warnt davor, die Primarschüler zu Opfern einer Bildungspolitik zu machen, die innenpolitischen Zielen dient. Pädagogik komme vor Politik.
Hanspeter Amstutz, engagierter Lehrer und Bildungspolitiker

In der Primarschule hat sich das vielgepriesene frühe Lernen von zwei Fremdsprachen nebeneinander nicht bewährt. Mit dem Kurzfutter-Konzept mit nur zwei Wochenstunden pro Fremdsprache hat rund die Hälfte der Primarschüler keine Chance, ohne stützende Massnahmen in beiden Sprachen auf einen grünen Zweig zu kommen. Diese erhebliche Belastung der Primarschule durch die Fremdsprachen geht auf Kosten anderer zentraler Fächer, die den Kindern weit mehr bedeuten und nachhaltigeren Lernerfolg versprechen. Mittelstufenschüler interessieren sich brennend für Realienthemen aus Geschichte, Naturwissenschaften oder Geografie. In diesem Alter sind Kinder besonders offen für diese für ihr Weltverständnis so wichtigen Fächer. Sie erschliessen sich mit einer gewissen Leichtigkeit neue Wissensgebiete und lernen so, sich richtig auf Deutsch auszudrücken. Diese entwicklungspsychologischen Tatsachen scheinen vor lauter Angst, man komme beim Fremdsprachenlernen zu spät, weitgehend ausgeblendet zu werden.

Politik in der Verantwortung

Die Politik ist für das gegenwärtige Durcheinander beim frühen Sprachenlernen mitverantwortlich. Die einen Kantone beginnen in der Unterstufe mit Englisch, die andern mit Französisch. Mit der frühen Einführung einer zweiten Fremdsprache ohne Festlegung einer für alle Deutschschweizer Kantone verbindlichen ersten Fremdsprache ist ein ganz anderer Röstigraben entstanden. Dieser verläuft nun zwischen den Kantonen, die der Romandie näher liegen, und der übrigen Deutschschweiz. Diese Diversität gar als gelungenen Kompromiss zu bezeichnen, ist doch ziemlich gewagt.

Eine Fremdsprache auf Primarstufe genügt

Es ist höchste Zeit, dass die pädagogische Sichtweise stärker gewichtet wird. Eine obligatorische Fremdsprache für die Primarschule ist genug. Ob dies Englisch oder Französisch ist, wird nicht so entscheidend sein, wenn auf der Oberstufe die zweite Fremdsprache gegenüber der ersten deutlich mehr Lektionen aufweist. Am Ende der Volksschulzeit sollte es möglich sein, dass in beiden Fremdsprachen ein vergleichbares Niveau erreicht wird. 

Datum: 22.04.2014
Autor: Hanspeter Amstutz
Quelle: Livenet

Werbung
Livenet Service
Werbung