Ruedi Reich verstorben

Brückenbauer zu den Täufergemeinden

Nach schwerer Krankheit ist Ruedi Reich, bis 2010 Leiter der Zürcher reformierten Landeskirche, am 12. August verstorben. Der Kirchenratspräsident brachte die Entflechtung von Kirche und Staat auf den Weg und reichte den Täufern die Hand.
Traditionsbewusster, zielstrebiger Kirchenpolitiker: Ruedi Reich nach der Verabschiedung der neuen Kirchenordnung 2009 vor dem Zürcher Rathaus.
Historischer Tag: Ruedi Reich (links) bei der Einweihung der Täufer-Gedenkplatte an der Limmat mit Thomas Gyger von den Schweizer Mennoniten.

Zum 10. Geburtstag 1955 schenkte die Mutter ihrem Ruedi eine Bibel. Sie wurde sein Schatz und half ihm, als sein Vater starb, seinen Weg zu finden. Im Theologiestudium vertiefte er sich in die Schriften der Reformatoren. Ruedi Reich arbeitete 21 Jahre als Gemeindepfarrer in Marthalen im Zürcher Weinland. 1973 wurde er in die Kirchensynode und 1983 in den Kirchenrat gewählt, den er ab 1993 präsidierte.

Kirche-Staat-Verhältnis und neue Kirchenordnung

Sohn eines Regierungsrats, rang Reich diplomatisch, unbeirrbar und zäh um eine Neuregelung des Verhältnisses zwischen Kirche und Staat. Zusammen mit dem Zürcher Justizdirektor Markus Notter gelang es ihm, eine Entflechtung auf den Weg zu bringen. 2010 trat das kantonale Kirchengesetz in Kraft, das reformierte und katholische Kirchen erstmals gleich behandelt.

In der Beratung der neuen Kirchenordnung (2009) setzte sich Ruedi Reich für gehaltvolle Verkündigung und ein starkes Pfarramt ein. Während seiner 17-jährigen Amtszeit hielt er seine Hand über der zeitweilig umstrittenen Neuübersetzung der Zürcher Bibel, die 2007 erschien.

Mit den Reformatoren in die Zukunft

Ruedi Reich war der Überzeugung, dass die reformierte Kirche die Impulse ihrer Gründer Huldrych Zwingli und Heinrich Bullinger zu überdenken und neu fruchtbar zu machen hat, wenn sie ihre Zukunft sucht. In der Spur seines Lehrers Fritz Blanke stellte sich Ruedi Reich auch der dunklen Seite der Reformation: der Täuferverfolgung des 16. und 17. Jahrhunderts.

Bei einem historischen Begegnungstag mit Täufern im Juni 2004 nannte er die Unterdrückung der ersten neuzeitlichen Freikirche «einen Verrat am Evangelium» und hielt fest: «Wir anerkennen die Gläubigen der täuferischen Tradition als unsere Schwestern und Brüder und ihre Gemeinden als Teil des Leibes Christi, dessen unterschiedliche Glieder durch den einen Geist miteinander verbunden sind.»

Herzlicher Glaube

Kirche verstand Ruedi Reich als Geschenk des menschenfreundlichen Gottes, als Ort, «wo Menschen zum Glauben und zur Mitmenschlichkeit befreit werden». Theologisch gelehrt, bewahrte er sich einen klaren, herzlichen Glauben an Jesus Christus. «Christlicher Glaube ist Christusglaube, nicht allgemeine Religiosität», betonte er in seinem bekenntnishaften Beitrag zum Buch «Was der Mensch braucht».

Nach dem erneuten Ausbruch einer Tumorerkrankung musste Ruedi Reich im Oktober 2010 sein geliebtes Amt abgeben. Am 12. August wurde er 67-jährig in Zürich von seinem Leiden erlöst.

Die Trauerfeier findet am 22. August 2012 um 15 Uhr im Grossmünster in Zürich statt.

Zum Thema:
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Livenet-Berichte zur Kirchenordnung

Datum: 14.08.2012
Autor: Peter Schmid
Quelle: Livenet

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