Erziehung gelinge kaum mehr in der Familie, “noch mühsamer in der Schule”. Aus Sicht des Bankers ist die Erneuerung der Familie für den Wirtschaftsstandort Deutschland von entscheidender Bedeutung: “Die Familie an sich muss wiederentdeckt und wiederbelebt werden. Wenn uns das nicht gelingt, gehen wir weder erfreulichen noch effizienten Zeiten entgegen.” Notwendig seien Wertedebatten in den Familien und mehr Gemeinschaftsgefühl. “Wir sind exzessiv individualistisch geworden. Ansprüche werden schrill formuliert, aber Verpflichtungen nur ungern eingegangen”, so Walter. Wer das sage, werde “zu den Ewiggestrigen der Nation” gezählt. Walter kritisierte auch die in kirchlichen Kreisen verbreitete Forderung nach Umverteilung. Diese sei gleichbedeutend mit anonymen Zahlungen durch den Staat, der mit einem Scheck soziale Nachteile ausgleichen solle. “Das ist häufig unvernünftig, weil dieses Geld die Empfänger nicht motiviert.” Es sei problematisch, “wenn sich die Kirche zu einem Zweig in der Sozialindustrie entwickelt”. Die offiziellen Stellungnahmen mancher Landeskirchen seien von wenig wirtschaftlichem Sachverstand geprägt gewesen. Walter zufolge wirkt sich das Christsein auf das Verhältnis zu seinen Mitarbeitern aus: “Wenn bestimmte Werte nicht nur erklärt, sondern auch gelebt werden, erzeugt das Bindungsfähigkeit und Loyalität.” Führung und christliches Handeln seien sich unterstützende Konzepte. “Ich bin zutiefst überzeugt, dass Management besser wird, wenn es sich mit Wertfragen auseinandersetzt, die der christliche Glaube stellt”, so der Chefökonom.
Datum: 17.08.2002
Quelle: idea Deutschland