Georg Krayer

Ein Bankier über die Banker

Warum nehmen Manager Millionen an Gehältern und Boni? Wie konnte es zur aktuellen Finanzkrise kommen? Der ehemalige Präsident der Bankiervereinigung hat seine Meinung über die Ursachen – aber auch eine persönliche Lösung.
Georg Krayer

An einem Businesslunch der Gellert Kirche Basel sagte Georg Krayer, seines Zeichens ehemaliger Präsident der Bankiervereinigung: «Mein Merksatz, der jedem Banker eintätowiert werden sollte, lautet: Nicht skrupellos beim Erwerb, und nicht sinnlos beim Ausgeben – das fasst alles zusammen.» Der ehemalige Chef der Bank Sarasin sprach am 15. Februar 2012 zum Thema «Als Bankier zwischen christlichen Werten und gesellschaftlichen Herausforderungen – wie ist das zu meistern?» Seine Lebenserfahrung sagt ihm: «Wenn aber Leute Geld raffen um des Geldes willen, ist es ungut!»

Im Hamsterrad des Geldraffens

Georg Krayer engagierte sich neben seiner Berufsarbeit auch ehrenamtlich, so als Vorstandsmitglied der Basler Münstergemeinde, zu der auch die Gellertkirche gehört. Er stellt heute fest: «Ich erlebte in der Bankenwelt Leute, die sich wie Hamster im Rad drehen». Ihr Drang, immer mehr zu bekommen, habe sich wie ein Wurm in  ihr Hirn gefressen. Krayer nachdenklich: «Man kann eben leichter Geld aus Geld machen als aus ehrlichen Produkten.»

Wie kommt es, dass sogar christlich erzogene Manager Millionengehälter nehmen? Weshalb hat man keine Massstäbe mehr? Krayer stellte sich dieser Frage intensiv. Seine Antwort lautet: «Die gesellschaftliche Kontrolle gibt es nicht mehr.» Er zitierte die Frau eines prominenten Managers, die eingestand: «Wenn bekannt wäre, dass mein Mann so zulangt, könnte ich nicht mehr in den Konsum zum Einkäufen, ich würde mich genieren.»

Kleine Minderheit macht grosse Probleme

Laut Krayer sind es in der Schweiz 20-30 Leute, «die uns grosse Probleme machen». Keiner von ihnen lebe in einem Umfeld, in dem er auf Leute treffe, die ihn wegen ihrer Abzockerei kritisch anschauen würden. «Die Versuchung war immer da», stellt der ehemalige Bankenchef fest, «aber die soziale Kontrolle war früher noch existent.»

Krayer kritisierte aber auch die Schuldenmacherei der Staaten und stellte die rhetorische Frage: «Ist es schlimmer zu raffen oder Schulden zu machen?» Er erinnerte an das Beispiel Schweiz: «Unsere Heimat, ein wohlgeordnetes Land, hat in den ersten 150 Jahren seit 1848 die erste Hälfte der Schulden angehäuft und in den folgenden 10 Jahren die zweite. – Hat Ihnen das den Schlaf geraubt?», fragte er seine Zuhörerschaft? «Sowohl die Aktiv- wie die Passivseite sind masslos geworden – und unverantwortlich», bilanzierte der Basler Bankier im Ruhestand.

Eine persönliche Antwort

Wie ist er persönlich mit dieser Spannung umgegangen? Georg Krayer sagte dazu, er sei gefragt worden, weshalb er jeden Sonntag in die Kirche gehe. Darauf habe er geantwortet: «Weil ich einmal in der Woche vor die Frage gestellt werde, was ich im Alltag tue.»

Zum Dossier:
Finanzkrise

Datum: 24.02.2012
Autor: Fritz Imhof
Quelle: Livenet

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