Diskussion "Kirche und Globalisierung"

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Bern. Über 130 Personen diskutierten auf Einladung der Reformierten Kirchen Bern-Jura einen Tag lang über "die Kirche und die Globalisierung". Die Diskussionsbeiträge bilden die Grundlage für eine Positionierung des Synodalrates in dieser "heiklen Frage". Ungelöst ist aber die Frage, ob der Maulkorb für eine Fachstelle der Kirche weiterhin besteht, die das Davoser Weltwirtschaftsforum kritisiert.

"Von diesem Zwist war nichts mehr zu spüren. Jetzt war der Dialog angesagt", schreibt die Fachstelle Kommunikation der Berner Landeskirche in einem Communiqué im Anschluss an die Tagung. Wie "Der Bund" aber berichtet, sei es noch nicht klar, ob sich die gemassregelte "Fachstelle Ökumene, Mission und Entwicklungszusammenarbeit" (OeME) öffentlich kritisch gegen das Weltwirtschaftsforum stellen darf. Synodalratspräsident Samuel Lutz erklärte gegenüber dem "Bund", der Rat werde darüber noch entscheiden.

Rund 1200 Personen hatten Anfang Jahr eine Petition unterschrieben, in welcher der Synodalrat aufgefordert wurde, die Sanktionen gegen die Fachstelle OeME aufzuheben, damit diese wieder als Trägerin der Veranstaltungsreihe "Perspektiven nach Davos" in Bern auftreten könne. Die Petitionäre erwarteten zudem, dass der Synodalrat bei künftigen Konflikten nicht mehr Maulkörbe verteile, sondern das Gespräch suche.

"Dialogverweigerung"

Gemäss dem Communiqué der Landeskirche hatte die Fachstelle "den Synodalrat brüskiert, weil sie öffentlich bekannt gab, den Dialog mit dem Weltwirtschaftsforum zu verweigern". Die Fachstelle setzte sich damals - wie auch andere forumskritische Organisationen - auf den Standpunkt: "Der Dialog mit dem Weltwirtschaftsforum ist sinnlos." Daraufhin rügte der Synodalrat die Fachstelle für ihre Dialogverweigerung und untersagte ihr, weiterhin als Mitorganisatorin der globalisierungskritischen "Perspektiven nach Davos" aufzutreten.

Ob die Fachstelle nächstes Jahr wieder an den Mobilisierungen gegen das Davoser Wirtschaftsforum teilnehmen darf und ob der Synodalrat sein diesbezügliches Verbot aufhebt, ist unklar. "Der Synodalrat wird darüber entscheiden, er macht die Aussenpolitik der Kirche", bekundete Lutz gegenüber dem "Bund". Er hoffe, dass sich die OeME an den Dienstweg halte und nicht öffentlich vorprelle. Nicht alle Gruppen, mit denen OeME vergangenes Jahr zusammengearbeitet habe, hätten sich klar von Gewalt distanziert, so Lutz.

Appell für fairen Handel

An der Veranstaltung "Die Kirche und die Globalisierung" in Bern erklärte Markus Mugglin, Wirtschaftsredaktor bei Schweizer Radio DRS, Arm und Reich würden wegen der globalisierten Wirtschaft immer weiter auseinander driften. Bereits werde von "globaler Apartheid" gesprochen, weil die Entwicklungsländer bewusst ausgegrenzt würden. Rogate Mshana vom Ökumenischen Rat der Kirchen meinte: "60 Mega-Unternehmen und 30 Länder dominieren zusammen die Weltwirtschaft." Der Ökonom aus Tansania betonte weiter, die schlechten Auswirkungen der Globalisierung überschatteten die guten. "Drei Milliarden Menschen sind arm."

Mshana plädierte für wirtschaftliche Gerechtigkeit, für fairen Handel und gerecht regulierte Finanzstrukturen. Dieses Ziel sei aber schwierig zu erreichen, weil multinationale Konzerne und Gross-Investoren die Regeln bestimmten. Dennoch müssten sich gerade die Kirchen für eine "menschliche Weltwirtschaft" stark machen, Netzwerke und Koalitionen bilden, um alternativen Wirtschaftsmodellen zum Durchbruch zu verhelfen.

Der Südkoreanische Theologe Seong-Won Park erklärte, dass er als Christ die wirtschaftliche Fehlentwicklung, die auf Ausgrenzung und Ungerechtigkeit basiere, nicht akzeptieren könne. Viele Länder könnten ihre wirtschaftliche Entwicklung nicht mehr selber beeinflussen, sondern stünden beispielsweise unter dem Diktat der USA. "Wie viele Länder müssen noch kollabieren, wie viele ökologische Katastrophen geschehen, bis endlich eine Wende eintritt?" fragte Park, der beim Reformierten Weltbund das Departement Zusammenarbeit und Zeugnis leitet.

Datum: 13.09.2002
Quelle: Kipa

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