Herbstblues

Sich der persönlichen Vergänglichkeit stellen

Noch wärmt die Herbstsonne. Aber was geschieht, wenn das Leben endet?
Auch im Alter getragen und gehalten?

«Die Blätter fallen, fallen wie von weit, als welkten in den Himmeln ferne Gärten; sie fallen mit verneinender Gebärde.» So beschreibt ein bekanntes Gedicht von Rainer Maria Rilke die Jahreszeit, in der wir uns befinden.

Noch wärmt eine warme Herbstsonne meinen Rücken, noch staune ich über sich verfärbende Wälder und den ersten Schnee auf fernen Bergspitzen. Und doch: Ich weiss, dass in nur allzu naher Zeit diese ganze Pracht von Nebeln verschluckt und von Stürmen zerstört werden wird.

Auch in meinem Leben wird nicht immer eitel Sonnenschein herrschen. Meine Lebenszeit ist begrenzt, abnehmend. Allen Anti-Faltencrèmes zum Trotz weist mein Gesicht «Gebrauchspuren» auf. Die Zeit für ein Casting bei den Miss Schweiz Wahlen ist definitiv vorbei...

Oder wie es der Dichter formuliert: «Wir alle fallen. Diese Hand da fällt. Und sieh dir an: Es ist in allen.» Rilke ist kein Schwärmer, der Tatsachen beschönigt oder ignoriert. Der Herbst steht für Vergänglichkeit, für Abschied und Tod. Er bietet uns die Gelegenheit, uns zu besinnen. Auf das, was im Leben wirklich zählt. Rainer Maria Rilke beschliesst sein berühmt gewordenes  Herbstgedicht mit dem vertrauensvollen Satz: «Und doch ist einer, welcher dieses Fallen unendlich sanft in seinen Händen hält.»

Wir können das Fallen nicht aufhalten. Sinnvoller ist es deshalb, sich der Frage zu stellen: Wer fängt mich auf? Wer begleitet mich durch alles Fallen hindurch? Wer trägt mich über diese Schwelle, an der auch beste Freunde zurückbleiben müssen?

Jesus Christus hat alles Fallen dieser Welt auf seinen Rücken geladen. Wer von ihm gehalten, aufgefangen wird, findet den Mut, sich der eigenen Vergänglichkeit zu stellen. Die Bibel spricht davon, dass Menschen, die auf Gott vertrauen, starken Bäumen gleichen, die ihre Wurzeln zum Wasser hin ausstrecken. Weder Frost noch Hitze, weder Borkenkäfer noch Herbststürme können sie zerstören. Auch im Alter blühen sie und tragen Früchte. Wenn das keine guten Zukunftsaussichten sind!

Regula Lehmann ist Familienfrau, gefragte Rednerin und Beraterin in einer christlichen Fachstelle für schwangere Frauen.

Buch zum Thema:
Henri Nouwen: Sterben, um zu leben. Abschied von meiner Mutte

Datum: 03.11.2011
Autor: Regula Lehmann
Quelle: Jesus.ch

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